Widerstand gegen neues Abwehrzentrum gibt es sogar in der Union. Auch Hamburg fühlt sich überrumpelt. Vorstoß für ein NPD-Verbot.

Köln. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat trotz harscher Kritik das neue Abwehrzentrum gegen Extremismus und Terrorismus in Köln eröffnet. "Es ist wichtig, dass wir dieses Zentrum jetzt anstoßen", sagte Friedrich. Mehrere Länder werfen Friedrich einen Alleingang und ein fehlendes Konzept vor. Der CSU-Politiker verteidigte das Vorhaben: "Wir werden auf Augenhöhe, wie es zu Recht gefordert wird, mit den Ländern dieses Zentrum weiterentwickeln."

Im neuen Abwehrzentrum soll der Kampf gegen alle Arten von Extremismus gebündelt werden. Ziel ist eine intensive Kooperation zwischen Nachrichtendiensten und Polizei in den Bereichen Rechts- und Linksextremismus, Ausländerextremismus und Spionage. Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesverfassungsschutz haben die Federführung. Vorgesehen ist die Beteiligung von Bundesnachrichtendienst, Bundespolizei, Europol, Zollkriminalamt, Bundesanwaltschaft, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie Militärischem Abschirmdienst. Die Länder sollen sich mit ihren Kriminalämtern und Verfassungsschutzbehörden einbringen.

Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen bezeichnete das Zentrum als eine Kommunikationsplattform, "die sicherstellt, dass Informationen die bei dem einen ankommen, auch zu dem anderen gelangen". Themen der Arbeitsgruppen sind etwa Gefahren durch Anhänger der kurdischen Arbeiterpartei PKK und Verbotsverfahren von rechtsextremen Gruppierungen.

Doch die Aufgabe ist nicht leicht für Bundesinnenminister Friedrich. Mit seinen Vorstößen zum Umbau der Sicherheitsarchitektur in Deutschland stößt der CSU-Politiker regelmäßig auf energischen Widerstand. Dabei macht ihm jedoch weniger die Opposition zu schaffen. Vielmehr sind es die Länder - allen voran sein Parteifreund, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Caffier, derzeit auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz (IMK), hält die Reform zwar grundsätzlich für den richtigen Schritt, doch fühlt er sich übergangen. Also verweigert er einmal mehr dem Bundesinnenminister die Gefolgschaft. Es sei nie eine Frage gewesen, ob Mecklenburg-Vorpommern sich am gemeinsamen Abwehrzentrum beteiligen würde, aber über die Voraussetzungen einer Beteiligung wolle man mitentscheiden, hieß es aus dem Innenministerium in Schwerin gegenüber dem Hamburger Abendblatt. Caffier will nun noch mal auf der Herbstkonferenz der Innenminister in Rostock-Warnemünde nachverhandeln. Bis dahin gebe es "keine Grundlage" für eine Zusammenarbeit der Länder mit dem Zentrum, sagte sein Sprecher. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sprach von einem PR-Gag. Insgesamt haben sechs Länder ihre Mitarbeit vorerst abgesagt. Auch in der Hamburger Innenbehörde zeigte man sich nicht begeistert über das Vorpreschen von Innenminister Friedrich. Wie das Abendblatt erfuhr, teilt die Behörde Jägers Kritik an Friedrich. Und so beteiligen sich vorerst nur zehn Länder an der Einrichtung - die eigentlich die Kooperation zwischen Bund und Ländern stärken sollte.

Friedrich wies die Kritik von sich. "Ich habe im August angekündigt, noch in diesem Jahr werden wir beginnen. Insofern kann ich nicht verstehen, wieso sich jemand überrumpelt fühlt.

Friedrich steht unter Druck: Ein Jahr ist es her, dass die Entdeckung der rechtsextremen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) Deutschland in Aufregung versetzte. Die Gruppe soll unbemerkt von den Sicherheitsbehörden insgesamt zehn Menschen ermordet haben. Als Konsequenzen hat Friedrich eine Verbunddatei für den Bereich Rechtsextremismus durchgesetzt und das Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus (GAR) geschaffen.

Doch der versprochene Umbau der deutschen Sicherheitsarchitektur ist damit noch nicht vollzogen. Es fehlt der wichtigste Baustein: die Reform des Verfassungsschutzes. Mit seinen Plänen zur stärkeren Zentralisierung des Nachrichtendienstes biss der Bundesinnenminister bei den Ländern allerdings auf Granit. Wiederum war es Caffier, der die Pläne "unausgegoren" nannte und sich wie seine anderen Länderkollegen querstellte. Schließlich musste Friedrich dem Konzept der Länder sogar zustimmen, weshalb nun vieles einfach beim Alten bleibt.

Beim NPD-Verbotsverfahren verhält es sich umgekehrt: Hier preschen die Länder vor, während Friedrich die Bremse zieht. Und wieder stehen sich der Bundesinnenminister und Caffier gegenüber. Letzterer hatte den Stein überhaupt erst ins Rollen gebracht: So drückte er kurz nach Entdeckung der Zwickauer Terrorzelle im November 2011 auf dem CDU-Bundesparteitag in Leipzig einen Antrag durch, wonach ein NPD-Verbot geprüft werden solle. Jetzt droht Caffier sogar mit einem Alleingang der Länder, falls der Bund nicht mitzieht. Und auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Jäger zieht mit. Es seien "realistische Chancen" für ein Verbot da. "Wir sollten sie jetzt nutzen."