Niedersachsens SPD gibt sich kämpferisch. Der designierte Kanzler-Kandidat Peer Steinbrück zeigte sich in Hochform

Wolfsburg. Die SPD stimmt sich auf die politische Wende in Niedersachsen ein. Auf ihrem Landesparteitag in Wolfsburg erneuerte sie am Samstag ihren Anspruch auf die Ablösung der schwarz-gelben Landesregierung in Hannover. „Nach vielen Jahren ist das der letzte Parteitag als Oppositionspartei, nach 10 Jahren ist dies der erste Parteitag vor dem Regierungswechsel am 20. Januar“, betonte SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil. Er war zuvor von den Delegierten als „künftiger Ministerpräsident“ begrüßt worden.

Der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück forderte nach heftiger Kritik an der schwarz-grünen Bundes- und auch der Landesregierung in Niedersachsen: „Wir brauchen eine Erneuerung mit Rot-Grün – das kann gelingen, das wird gelingen!“ Zu den Themen des Wahlkampfs müsse auch die Frage gehören, wer bei der Finanzkrise „den Taktstock des Handels in der Hand hält“. Die Politik sei gefordert, sollte es eine Renaissance der sozialen Marktwirtschaft geben. Heftig kritisierte er den Sparkurs, der den europäischen Krisenländern auferlegt wurde. Er werde zunehmend gefährlich und bedrohe die gesellschaftliche Stabilität der Länder. „Not frisst Demokratie“, sagte Steinbrück.

Solide Haushalte seien notwendig. Die Dosis der Medizin dürfe aber nicht tödlich, sondern müsse stimulierend sei, sagte er unter dem Beifall der Delegierten. Die europäische Krise sei zudem in weiten Teilen eine Bankenkrise, nicht eine der öffentlichen Haushalte. Eine stärkere Regulierung von Banken in Europa sei daher angesagt. Steinbrück sprach sich für eine weitergehende europäische Integration aus, warnte aber zugleich davor, alle Kompetenzen deswegen auf die europäische Ebene zu übertragen. „Die (Europäische) Kommission hat nichts zu suchen bei der öffentlich-rechtlichen Konstruktion von Sparkassen.“ Das gelte auch für Mitbestimmungsrechte bei Volkswagen.

Der niedersächsische SPD-Spitzenkandidat Weil betonte nach Seitenhieben auf die aktuelle Landesregierung, Grund zum Optimismus sei nicht nur die Stärke der SPD, sondern auch die Schwäche von Schwarz-Gelb. „Die Landesregierung ist müde, verbraucht“, meinte Weil bei der Vorstellung seines Schattenkabinetts und seines Wahlkampfprogramms mit den Schwerpunkten Bildung, Energiewende und demografischer Wandel. Die SPD will mit den Grünen als Koalitionspartner die Macht übernehmen und hat nach den jüngsten Umfragen trotz eines Aufholens der CDU gute Chancen dafür.

Weil erneuerte den Anspruch der SPD als traditioneller Arbeiterpartei, die im kommenden Mai 150 Jahre alt wird. Weil dagegen will sich bei seiner Wahl an Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder orientieren: „Es hat in Niedersachsen eine gute Tradition gegeben; unsere Ministerpräsidenten haben um jeden Job gekämpft, allen voran Gerhard Schröder!“ Die CDU zeigte sich in einer Reaktion unbeeindruckt: Sie kritisierte Weils Rede als „nichtssagend“. Unter den 500 Gästen – darunter der Betriebsratsvorsitzende der insolventen Emder Siag Nordseewerke – war auch Alt-Kanzler Gerhard Schröder.