HEILIGENDAMM/ROSTOCK. Ruhe vor dem Sturm: Die letzten Stunden vor dem G-8-Treffen. Im Abendblatt berichten Beteiligte, wie der Gipfel sich nähert.

  • Der Polizist: "Es ist die Ruhe vor dem Sturm", sagt Bereitschaftspolizist Dirk Kunz (37). Er ist jetzt hinter dem Zaun, dem sogenannten grünen Bereich um das G-8-Tagungshotel in Heiligendamm. Sein Einsatzbefehl: "Aufpassen, dass sich hier nur berechtigte Personen aufhalten." Probleme gab es bislang nicht. Davor haben er und sein 35-Mann-Zug die nahen Waldgebiete durchsucht. "Es schlaucht schon ziemlich", stöhnt Kunz, der jetzt Zwölf-Stunden-Schichten schiebt. Dazu kommen die Fahrten in die 30 Kilometer entfernte Unterkunft. "Immerhin ist es keine Kaserne", sagt Kunz, und man hört die Anspannung in seiner Stimme. "Die Brutalität bei der Demonstration in Rostock war erschreckend. Da fühlt man sich schon bedroht", sagt der Zugführer.
  • Die Heiligendammer Familie: Eine Woche ist der Zaun inzwischen zu. "Bisher bin ich unproblematisch rein- und rausgekommen", sagt Ralf Goedeke (45). Nachdem seine Frau Kira (34) mit den beiden Kindern Johan und Paula doch lieber weggefahren ist, hält der Architekt die Stellung. Immer dabei: seine Registrierkarte mit dem grauen Band. "Aber ich hänge mir das nicht um den Hals", sagt er grinsend und gibt dann doch zu, dass es ein komisches Gefühl sei, hinter dem Zaun zu leben. "Es ist gespenstisch, wie ruhig es hier ist, wenn keine Autos fahren."
  • Die Hotel-PR-Managerin: Inzwischen steht fest, wer wo wohnt und was Chefkoch Tilman Hahn kocht. Aber, Frauke Müller (27) verrät nichts. Die PR-Managerin des Grand Hotels Kempinski hat ein rotes Umhängeband (Badge) mit ihrer Registrierkarte um den Hals. Das Zeichen, dass sie eine der wenigen Personen ist, die den acht Staats- und Regierungschefs ganz nah kommen werden. Und sie schweigt eisern. Auch wenn das Telefon fast ununterbrochen klingelt. Allein an diesem Tag kamen Presseanfragen aus Vietnam, Australien, Chile, Simbabwe. "Der Journalist wollte wissen, ob die G-8-Chefs auch mit der Bevölkerung zusammentreffen", erzählt sie lachend. Um sie herum herrscht inzwischen emsiger Betrieb: Dekoration und Blumenschmuck werden gerichtet, wer mag welche Farben, gibt es Allergien und vieles mehr muss bedacht werden. Jetzt sind es wirklich nur noch Stunden, bis es losgeht.
  • Der G-8-Gegner: Monty Schädel (37) schreit ins Handy. Im Hintergrund hört man Durchsagen der Polizei, Stimmengewirr und Rufe. Der Organisator des Rostocker Anti-G-8-Bündnisses ist mitten in einer Demonstration mit mehreren Tausend Leuten. "Wir sind mehrfach gestoppt worden, die Polizei lässt uns nicht in die Innenstadt", sagt Schädel. Trotzdem sei die Stimmung auch aufseiten der Polizei entspannt. Im Rostocker Stadthafen ist Schädel für weitere Kulturveranstaltungen verantwortlich. "Damit wollen wir die Stimmung ein bisschen runterholen. Damit andere Bilder in die Welt gehen als die von vergangenem Sonnabend."