Auch gestern kam es wieder zu Gewalt in Rostock. Protestler dürfen am Flughafen Rostock-Laage demonstrieren, wo heute Bush landet.

ROSTOCK/HEILIGENDAMM. Zwei Tage nach blutigen Ausschreitungen bei den Anti-G-8-Protesten haben gestern in Rostock Tausende Menschen unter massiver Polizeipräsenz weitgehend friedlich demonstriert. Die Polizei gab die Zahl der Teilnehmer an der Demonstration für bessere Lebensbedingungen von Ausländern weltweit mit 10 000 an, die Veranstalter sprachen von 15 000. Bei einer anderen Demonstration im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen ging die Polizei am frühen Abend gegen einen Demonstrationszug von G-8-Gegnern, unter den sich auch wieder etwa 2000 gewaltbereite Vermummte gemischt hatten, mit fünf Wasserwerfern vor. Insgesamt wurden 49 Demonstranten meist wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot festgenommen. Vereinzelt holten die Beamten auch Teilnehmer aus der Menge, denen eine Beteiligung an den schweren Ausschreitungen vom Sonnabend vorgeworfen wird.

Inzwischen spitzt sich die Debatte über die Polizeistrategie zur Verhinderung von Gewalttaten zu. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte mit Blick auf den morgen beginnenden G-8-Gipfel an, gegen Gewalttäter werde mit aller Härte vorgegangen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) brachte erneut ins Spiel, man könne potenzielle Gewalttäter vorsorglich in Gewahrsam nehmen. Sein Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte gesagt, man wolle an der Strategie der Deeskalation festhalten, werde Gewalttätern aber konsequent begegnen.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Wolfgang Speck, forderte in der "Passauer Neuen Presse" ein "energischeres Auftreten und mehr Präsenz" der Polizei. "Wir müssen uns sehr intensiv Gedanken machen, ob eine Deeskalationsstrategie wie bisher noch angebracht ist", sagte er. Um solche Krawalle zu verhindern, müsse die Polizei künftig näher an die Demonstranten heran. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bemängelte die Taktik bei dem Einsatz am vergangenen Sonnabend. Krawallmacher aus dem sogenannten Schwarzen Block seien nicht gezielt von der Polizei begleitet worden, kritisierte der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg in der "Netzeitung". Autonome hätten sich so ungehindert mit Steinen aus einem Gleisbett bewaffnen können.

Der G-8-Gipfel in Heiligendamm ist nach Meinung des Hamburger Verfassungsschutzchefs Heino Vahldieck ein "Feiertag" für die autonome Szene in Deutschland. "Mangels ähnlicher Großereignisse in nächster Zeit wird dieser G-8-Gipfel, wie internationale Großereignisse dieser Art seit Jahren, als Aufhänger für Gewaltexzesse genommen", sagte Vahldieck. In Deutschland gibt es laut Vahldieck derzeit 5000 Autonome.

Das Oberverwaltungsgericht Greifswald erlaubte derweil eine Demonstration von Globalisierungsgegnern am Flughafen Rostock-Laage unter Auflagen. In der Nähe der Hauptwache darf heute und morgen demonstriert werden. Das Bundesverfassungsgericht wird frühestens heute darüber entscheiden, ob die Globalisierungskritiker direkt in Heiligendamm - am Zaun - demonstrieren dürfen. Geplant ist ein Sternmarsch zum Tagungsort des G-8-Gipfels.