Auto-Experten, Volkswirte und Opposition skeptisch. Der künftige Sachverständig der Bundesregierung, Christoph Schmidt: „Allein wegen der Prämie wird wohl kaum jemand auf die Idee kommen, sich ein neues Auto zu kaufen. Vielmehr werden hauptsächlich geplante Käufe vorgezogen.“

Hamburg. Konjunkturmotor oder Strohfeuerprogramm? Dass die Abwrackprämie aufgestockt wird, entzweit Auto-Experten und Volkswirte. Auch die Opposition im Bundestag kann dem mühsam erwirkten Plus im Topf für das Verschrotten von Altautos bei gleichzeitigem Neuwagenkauf wenig abgewinnen.

Der künftige Sachverständig der Bundesregierung, Christoph Schmidt, sagte der "Rheinischen Post": "Die Abwrackprämie ist ein typisches Strohfeuerprogramm. Allein wegen der Prämie wird wohl kaum jemand auf die Idee kommen, sich ein neues Auto zu kaufen. Vielmehr werden hauptsächlich geplante Käufe vorgezogen."

Die Folge sei, so der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), dass nach Auslaufen der Prämie der Absatz einbreche. Längerfristig komme die Automobilindustrie nicht daran vorbei, ihre derzeitigen Überkapazitäten an die Nachfrage anzupassen.

"Die Abwrackprämie ist nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch Unfug", sagte der Fraktionschef der Grünen im Bundestag, Fritz Kuhn, der "Neuen Presse" (Hannover). "Das ist, wie wenn man gegen Kälte in der Winternacht Schnaps trinkt", so Kuhn. Zuerst werde es etwas wärmer, dann jedoch viel kälter. "Deswegen trinken manche immer weiter."

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Otto Fricke von der FDP, sagte: "Die Große Koalition kann sich nur noch auf Geldausgeben einigen." Er forderte von der Bundesregierung einen Nachtragshaushalt, in dem zusätzliche Kosten für die Abwrackprämie, Mehrausgaben bei Hartz IV und die Ausfälle durch den Einbruch des Wirtschaftswachstums aufgelistet sein müssten. "Der Bund wird vermutlich bei 75 Milliarden Euro Schulden in diesem Jahr landen, inklusive des Bankenrettungsfonds Soffin", prognostizierte Fricke.

Das Umweltbundesamt (UBA) forderte die Bundesregierung auf, die Abwrackprämie umweltfreundlich nachzubessern. Der Leiter des Fachbereichs Umwelt und Verkehr, Christoph Erdmenger, sagte im "Saarländischen Rundfunk", es gebe die Chance, bei der Verlängerung zu entscheiden, dass in Zukunft beispielsweise nur noch Fahrzeuge gefördert werden, die unter 140 Gramm CO2 (Kohlendioxid) pro Kilometer ausstoßen.

Außerdem sollte es die Abwrackprämie nur noch geben, wenn das neue Fahrzeug die strengere Euro-5-Norm erfülle.

Der Konjunkturexperte des Hamburger Weltwirtschaftsinstitutes (HWWI), Jörg Hinze, hält eine Verlängerung der Abwrackprämie für sinnvoll. Er sagte auf NDR Info: "Zur Jahresmitte oder wenn die 600 000 Fälle ausgeschöpft sind, gäbe es ohne eine Verlängerung ein Riesenloch. Das wäre bei der derzeitigen Konjunkturlage nicht wünschenswert."

Durch die Abwrackprämie werde nicht nur die Autoindustrie unterstützt, sondern auch ein gesamtwirtschaftlicher Nachfragerückgang abgefedert.