Wie es heute schon ist und was tatsächlich möglich wäre. Opposition und Datenschützer kritisieren Pläne der Regierung.

Hamburg. Als der damalige Innenminister Otto Schily (SPD) den neuen elektronischen Pass vorstellte, auf dem erstmals biometrische Daten gespeichert werden, versprach er: "Die biometrischen Merkmale werden ausschließlich beim Bürger erhoben und nur im Chip des Dokumentes gespeichert, das der Bürger bei sich trägt." Das war nur die halbe Wahrheit, denn das Bild ist auch, wie auch schon bisher, bei den Passämtern hinterlegt.

Darauf soll die Polizei nun einen digitalen Zugriff bekommen, um im Notfall das Bild eines Verdächtigen zu erlangen. So ist es in dem neuen Passgesetz geplant, das die Richtlinien der EU umsetzen soll. Opposition und Datenschützer kritisierten diese Pläne gestern.

Erst vor Kurzem hatten Überlegungen aus der Union, auch die Fingerabdrücke, die künftig ebenfalls in den Pässen erhoben werden, zentral zu speichern, Befürchtungen vor einer zu großen Überwachung der Bürger hervorgerufen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) plant zudem ein Bündel von Sicherheitsmaßnahmen, die neue Daten, wie etwa die aus der Autobahnmaut, zur Fahndung nutzen sollen.

  • Reisepässe: Bisher ist der Polizei ein Abgleich der bei den Passbehörden hinterlegten Fotos bei Verkehrsordnungswidrigkeiten schon erlaubt. "Was jetzt per Post und Fax geschieht, geschieht demnächst online. Dazu soll es zwei Änderungen geben. Künftig ist der Fotoabgleich auch dann möglich, wenn die Behörde schon Feierabend gemacht hat. Außerdem soll es nicht nur für Verkehrsordnungswidrigkeiten gelten, sondern auch für die Verfolgung von Straftaten", sagte der Innenexperte der Union, Wolfgang Bosbach, gestern dem Abendblatt. Er hält es für "geradezu paradox, dass man mithilfe des Passbildes zwar Raser identifizieren darf, nicht aber Räuber und Mörder". Bisher ist laut Bundesinnenministerium nur in den Polizeigesetzen der Länder geregelt, wann die Fotos auch mal für die Fahndung eingesehen werden dürfen. Das soll jetzt zentral gelten. Sucht die Polizei einen Verdächtigen, gibt sie einen Namen ein und erhält das Bild. Bosbach sieht darin eine große Erleichterung für die Polizei.

Diese allerdings gibt sich skeptisch. Der technische Fortschritt bringe zwar eine Arbeitserleichterung, sagte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, dem Abendblatt. Aber er mahnte eine öffentliche Diskussion darüber an. "Wir brauchen die Bürger auf unserer Seite. Ihr Vertrauen ist das Wichtigste", sagt er. Sollten die Passfotos und später auch die Fingerabdrücke irgendwann in einer zentralen Datei landen, wäre der Pass eine "erkennungsdienstliche Grundbehandlung", sagt der Hamburger Datenschutzbeauftragte Hartmut Lubomierski. Dann wäre es theoretisch auch möglich, die Gesichter über die öffentlichen Überwachungskameras identifizieren zu lassen. Dieses Projekt wird bereits auf dem Mainzer Bahnhof getestet. "Jeder hat ein Grundrecht, nicht ohne Anlass erfasst zu werden", wehrt sich Lubomierski dagegen.

  • Fingerabdrücke: Von November an werden im neuen Reisepass auch zwei Fingerabdrücke gespeichert. Auch von diesen soll eine Kopie bei den Passämtern verbleiben. Befürchtungen, dass diese in einer Zentraldatei gespeichert werden könnten, wies Bosbach gestern zurück: "Das ist nicht geplant." Er halte dies auch für "unverhältnismäßig". "Man würde in den Kreis der mutmaßlich Verdächtigen alle einbeziehen, die überhaupt nie strafrechtlich aufgefallen sind", sagte Bosbach. Um möglichen Missbrauch mit Pässen zu vermeiden, sei es aber nötig, die Daten des Fingerabdrucks dezentral bei den Passämtern zu speichern: "Wir müssen den Menschen aber die Sorge nehmen, dass diese in einer Zentraldatei gespeichert werden."
  • Mautdaten: Geht es nach Schäuble, sollen künftig die Mautdaten zur Fahndung nach Schwerverbrechern genutzt werden. Die 300 Mautbrücken in Deutschland sind nämlich Kontrollbrücken. Im Moment allerdings sollen sie nur "Schwarzfahrer" entlarven. Zunächst werden die Nummernschilder der Autos fotografiert. Erkennen die Geräte in der Kontrollbrücke das Bordgerät im Lkw, ist alles in Ordnung, und die Aufnahme wird gelöscht. Gibt es kein Bordgerät, wird der Wagen gescannt. Wenn es keine manuelle Einbuchung gibt, beginnt die Fahndung. Dies könnte auch für Pkw gelten.