Die Ministerien: Die Zahl der Ministerien und ihre Zuständigkeiten stehen jetzt fest. Acht Ministersessel gehen an die SPD, sieben an die Union. Die Favoriten und ihre Aufgaben.

Hamburg. Das Kabinett der geplanten großen Koalition von SPD und Union gewinnt an Kontur. Der Schlüssel für die Ressortverteilung steht bereits fest: Beide Partner erhalten acht Regierungsposten. Die Union stellt die Kanzlerin, den Kanzleramtsminister sowie sechs Ressortchefs, von der SPD kommen acht Minister. Nur wenige Posten sind jedoch schon fix vergeben. Für die meisten Ministerien gibt es nur Favoritennamen, die häufig genannt werden.

  • Als gesetzt gilt das Wirtschaftsministerium mit Edmund Stoiber. Der CSU-Vorsitzende gibt dafür sein Amt als Ministerpräsident von Bayern auf. Er soll neben Wirtschaft auch für europäischen Binnenmarkt, neue Technologien sowie Luft- und Raumfahrt zuständig sein. Stoiber verläßt damit nach zwölf Jahren als Regierungschef den Freistaat und wechselt nach Berlin. Dort soll der 64jährige seine Erfolge in der bayerischen Wirtschaftspolitik möglichst auf den Bund übertragen. Mit dem Thema Europa kennt er sich auch seit Jahren bestens aus. Vor allem aber wird der CSU-Chef dafür sorgen wollen, die Gewichte seiner Partei am Kabinettstisch möglichst deutlich zur Geltung zu bringen.
  • Für das Amt des Kanzleramtsministers werden zur Stunde dem Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen, die besten Chancen eingeräumt. Aber auch CDU-Generalsekretär Volker Kauder wird als aussichtsreicher Kandidat gehandelt.
  • Das Außenministerium wird von der SPD besetzt - erstmals wieder seit Willy Brandt. Wer Chefdiplomat wird, ist derzeit noch unklar. Am häufigsten genannt wird der Name Günter Verheugen. Der EU-Kommissar und Vize-Präsident der EU-Kommission ist international erfahren. Auch Otto Schily und der bisherige Verteidigungsminister Peter Struck sind im Gespräch. Struck hat jedoch signalisiert, keine großen Ambitionen zu hegen. Der Außenminister würde dann wahrscheinlich auch der Vizekanzler werden.
  • Das Finanzministerium wird am ehesten mit dem früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD) besetzt werden. Der gebürtige Hamburger ist als Diplom-Fachwirt ein anerkannter Fachmann auf dem Gebiet. Für ihn spricht, daß er schon großkoalitionäre Erfahrung hat: Mit dem hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) startete er eine Initiative für den Abbau von Subventionen. Als weiterer Name geistert der des nordrhein-westfälischen SPD-Vorsitzenden Jochen Dieckmann durch die Flure.
  • Das Gesundheitsressort bleibt bei der SPD und wird wohl weiter von Ulla Schmidt geleitet werden - es mangelt vor allem an den Alternativen.
  • Auch beim Justizministerium dürfte sich nichts ändern: Amtsinhaberin Brigitte Zypries gilt als gesetzt.
  • Das Arbeitsministerium wird wieder eigenständig. Bislang war es dem Wirtschaftsressort angeschlossen. Wunschkandidat ist der amtierende Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie (IG BCE), Hubertus Schmoldt. Der ziert sich zwar noch heftig, wird aber von seinen SPD-Parteifreunden schwer bearbeitet. Schmoldt ist ein überzeugter Konsenspolitiker und paßt hervorragend in eine große Koalition. Sollte er sich jedoch erfolgreich gegen den Posten wehren, kommen noch SPD-Chef Franz Müntefering und der amtierende Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement dafür in Frage.
  • Das Innenministerium wechselt von der SPD zur Union. Als Favorit gilt derzeit der stellvertretende Fraktionschef Wolfgang Schäuble (CDU). Schäuble war bereits einmal von 1989 bis 1991 Innenminister. Denkbar ist jedoch auch, daß das Amt vom bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) übernommen wird. Das hängt davon ab, welche beiden ihr zustehenden Ressorts die CDU-Schwesterpartei aus Bayern bekommt.
  • Entwicklungshilfeministerin wird wohl weiter die SPD-Politikerin Heidemarie Wieczorek-Zeul bleiben. Sie wird dem linken SPD-Flügel zugerechnet.
  • Für das Verteidigungsministerium gilt eigentlich der CSU-Landesgruppenchef Michael Glos als Wunschbesetzung. Doch weil die CSU nur zwei Ministerposten bekommt, dürfte es auf den bisherigen CDU-Innenminister von Brandenburg, Jörg Schönbohm, hinauslaufen.
  • Die niedersächsische Gesundheits- und Sozialministerin Ursula von der Leyen soll für die CDU das Ressort Familien und Senioren übernehmen. Die ausgebildete Ärztin und Tochter des früheren Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Ernst Albrecht, hat selbst sieben Kinder. Die 47jährige ist erst seit vier Jahren politisch aktiv. Doch in dieser Zeit hat sie sich als Gesundheits- und Sozialexpertin einen Namen gemacht. Sie gilt als CDU-Hoffnungsträgerin. Außenseiterchancen werden auch noch Peter Müller eingeräumt - der saarländische Ministerpräsident wird seit einiger Zeit in der CDU als soziales Sprachrohr der Partei aufgebaut.
  • Das Umweltministerium fällt der SPD zu. Hoffnungen auf den Posten darf sich der stellvertretende SPD-Fraktionschef Michael Müller machen. Der Umweltexperte ist einer der Wortführer der parlamentarischen Linken der SPD. In der Partei zweifelt manch einer allerdings an seiner Tauglichkeit für das Ministeramt.
  • Im Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz könnte es zum Comeback von Horst Seehofer als Ressortchef kommen. Der CSU-Politiker ist eigentlich das personifizierte soziale Gewissen der Union. Doch nach einem heftigen Streit mit der CDU-Führung um die Gesundheitspolitik trat Seehofer vor gut einem Jahr als Fraktionsvize im Bundestag zurück. Daß er nun für ein Ressort vorgesehen ist, mit dem er bislang kaum Berührungspunkte hatte, scheint die "Allzweckwaffe" der Union nicht zu stören. "Ich bin dazu erzogen worden, das zu essen, was auf den Tisch kommt", sagte der CSU-Vize kürzlich dazu. Ob Seehofer Minister wird, hängt aber davon ab, ob Schäuble oder Beckstein Innenminister wird - mehr als zwei Ressorts kann die CSU nicht beanspruchen.
  • Das Ressort für Bildung geht an die CDU. Große Favoritin ist die Kultusministerin von Baden-Württemberg, Annette Schavan. Sie war schon Mitglied im sogenannten "Kompetenzteam" der Union im Wahlkampf. Die 50 Jahre alte promovierte Philosophin und Theologin gilt nicht nur als ausgewiesene Bildungsexpertin, sondern auch als enge Vertraute der designierten Kanzlerin Angela Merkel.
  • Das Verkehrsministerium bleibt bei der SPD. Es gilt als sicher, daß Amtsinhaber Manfred Stolpe abgelöst wird. Favorit für die Nachfolge ist der bisherige Kanzleramtsminister Frank Walter Steinmeier. Der 49 Jahre alte Jurist ist einer der wichtigsten Vertrauten von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD).
  • Die bisherige Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) wird nicht im Amt bleiben. Die frühere Hamburger Kultursenatorin sagte: "Wenn die CDU die Kanzlerin stellt, wird mein Amt auch von ihr besetzt, und das heißt, daß dann nach der wunderbaren Zeit mit Gerhard Schröder die Arbeit in dieser Position auch für mich ein Ende hat."