Er galt als Fan von “Counter-Strike“. Politiker fordert: Verbietet aggressive PC-Spiele. Behörden räumen Ermittlungs-Panne ein.

Hamburg. Er war depressiv, galt als Einzelgänger und hatte keine Probleme, an die Waffensammlung seines Vaters zu kommen: Das Bild des 17 Jahre alten Tim K., der bei einem Blutbad in Winnenden und Wendlingen vor zwei Tagen 15 Menschen und anschließend sich selbst getötet hat, bekommt immer deutlichere Konturen.

Allein fünfmal hat sich der Unternehmersohn im April vergangenen Jahres in eine psychiatrische Klinik in Heilbronn begeben - aber niemand fragte ernsthaft nach, warum er die empfohlene Therapie anschließend nicht antrat. Während die Leiterin der Albertville-Realschule, Astrid Hahn, Tim K. gestern als "völlig unauffällig" und "in keinster Weise gewalttätig" bezeichnete, berichteten Mitschüler, dass er sich in den letzten Monaten immer mehr abgekapselt habe.

Den Behörden ist derweil auf der Suche nach den Hintergründen der Bluttat offenbar eine peinliche Panne unterlaufen. Noch am Morgen hatte Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech das Protokoll eines Internet-Beitrags von Tim K. präsentiert, in dem dieser seinen Amoklauf angekündigt haben soll. "Alle lachen mich aus, niemand erkennt mein Potenzial. Ich werde an meine frühere Schule gehen und mal so richtig gepflegt grillen", habe der 17-Jährige in der Nacht vor der Bluttat geschrieben, berichtete Rech. In der Nacht dann das Dementi: Auf dem PC des 17-jährigen Tim K. seien keine Beweise dafür gefunden worden, teilte die Polizei in Waiblingen mit. Bisher hätten sich nur zwei Personen gemeldet, die behaupteten, den Eintrag im Internet gesehen zu haben. Auch auf der Startseite des Chatrooms krautchan.net war von einer Fälschung die Rede.

Fakt ist jedenfalls: Tim K. hat seinen Vater öfter zum Schützenverein begleitet und kannte den achtstelligen Zahlencode des Waffentresors. Fakt ist auch: Auf seinem Computer wurde neben "einigen Pornos" auch Gewaltvideos und das Killerspiel "Counter-Strike" sichergestellt. Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) will nun eine neue Bundesratsinitiative für ein totales Verbot von gewaltverherrlichenden Computerspielen prüfen. "Killerspiele sind schlicht abartig", sagte er dem Abendblatt.

Einen Tag nach dem Amoklauf gedachten gestern Abend tausend Menschen in einem ökumenischen Gottesdienst der Opfer. In der Winnender Schlosskirche sagte der evangelische Pfarrer Winfried Maier-Revoredo: "Wir sind wie betäubt." Am 21. März wird es in der katholischen St.-Karl-Borromäus-Kirche in Winnenden eine zentrale Trauerfeier geben, zu der auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler erwartet werden.