Die CSU fordert vor allem bei der Erweiterungspolitik der EU eine Mitsprache: Vor einem Beitritt der Türkei soll in Deutschland das Volk abstimmen.

Berlin. Die Erweiterungspolitik der Europäischen Union (EU) wird mit den von der CSU angestrebten neuen Mitspracherechten des Bundestags erheblich erschwert. So soll aus CSU-Sicht auch der politisch in der EU nicht mehr umstrittene Beitritt Kroatiens von einer Volksabstimmung in Deutschland abhängig gemacht werden. Auch könnte der nächste Bundestag mit Mehrheit die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stoppen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt und der Europaexperte der CSU-Landesgruppe, Thomas Silberhorn, legten dazu in Berlin ihren Forderungskatalog vor.

Sie wollten die verlangten Änderungen des Grundgesetzes nicht ausdrücklich als Bedingung bei den anstehenden Verhandlungen mit den anderen Parteien sehen. Die Verabschiedung des neuen Begleitgesetzes zum Vertrag von Lissabon vor der Bundestagswahl soll damit nicht gefährdet werden. Die neuen Mitbestimmungsrechte von Bundestag und Bundesrat müssten aber „dem Geist des Urteils des Bundesverfassungsgerichts“ entsprechen. „Wir wollen das Risiko einer neuen Klage ausschließen“, sagte Dobrindt.

Das Karlsruher Urteil zum Lissabon-Vertrag verpflichtet Bundestag und Bundesrat zu einer erheblichen Ausweitung ihrer Mitbestimmungsrechte bei EU-Fragen. Bis dahin darf der Vertrag nicht in Kraft treten. Dobrindt und Silberhorn wandten sich gegen den Vorwurf, die CSU versuche die weitere EU-Integration zu blockieren. „Europapolitik ist längst Teil der Innenpolitik geworden. . . Wir müssen sie zur Sache der Parlamente machen“, sagte Silberhorn. Bisher habe sich die Regierung über Beschlüsse des Bundestages in der EU hinwegsetzen können. Das dürfe nicht mehr sein.

Der Zeitplan für die Verabschiedung des neuen Begleitgesetzes zum Lissabon-Vertrag sieht Sondersitzungen des Bundestags am 26. August und am 8. September vor. Am 18. September soll es im Bundesrat verabschiedet werden.

Ex-CSU-Chef Theo Waigel warnte seine Partei vor überzogener Europa-Kritik. Die Bundesregierung könne bei Verhandlungen in Brüssel nicht ständig zuhause um Erlaubnis fragen, sagte Waigel der „Süddeutschen Zeitung“. „Jeder, der schon einmal in Brüssel am Verhandlungstisch gesessen hat, weiß, dass man dort ein Quantum Freiheit benötigt, um Kompromisse zu schließen. Man kann nicht nach jeder Verhandlungsrunde beim zuständigen Ausschuss des Bundestags anrufen und fragen, ob die einverstanden sind.“

Die CSU muss nach Ansicht Waigels in dieser Frage noch vor der Bundestagswahl eine Einigung mit den anderen Parteien suchen. Damit unterstützt der ehemalige CSU-Chef Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die eine schnelle Einigung über ein Begleitgesetz zum Lissabon-Vertrag anstrebt.