Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Das haben sich auch Bayerns Freie Wähler gedacht, als sie sich gestern Morgen dazu durchrangen, Gabriele Pauli aus ihrer Landtagsfraktion auszuschließen.

München/Berlin

Wohl wissend, dass sie damit ihrem Zugpferd den Abschied gaben. Denn wer weiß schon nördlich des Weißwurstäquators, wie ein Hubert Aiwanger aussieht? (Das ist der Fraktionsvorsitzende.) Beziehungsweise ein Armin Grein? (Das ist der Bundesvorsitzende.) Eben. Keiner.

Wie die flotte Gabi aussieht, das wissen laut Infratest dimap 82 Prozent der Deutschen. Gut sieht sie aus, zweifellos. Am Verstand der 51-Jährigen wird allerdings seit geraumer Zeit gezweifelt. Spätestens seit sie die Freien Wähler quasi dazu gezwungen hat, bei der Europawahl anzutreten. Wo sie am 7. Juni prompt mit 1,7 Prozent abgefertigt wurden.

Dieser Misserfolg war der Anfang vom Ende. Am Wahlabend verkündete Pauli vor laufenden Kameras, dass sie vorhabe, eine eigene Partei zu gründen und im Namen dieser Partei bei der Bundestagswahl anzutreten. Aiwanger und Grein wirkten wie vor den Kopf geschlagen. Als sie sich mehr schlecht als recht erholt hatten, setzten sie einen Bettelbrief auf, in dem es hieß: "Bleibe bei den Freien Wählern, gründe jetzt keine Partei, und versuche mit uns zusammen in wenigen Jahren unser hochgestecktes Ziel zu erreichen!" Man brauche Zeit, um die Menschen in Deutschland zu überzeugen. "Diese Zeit hast Du nicht!" Aber Gabriele Pauli dachte gar nicht daran, einen Rückzieher zu machen. Als sie das der Fraktion gestern mitteilte, ließ Aiwanger abstimmen. Das Ergebnis war eindeutig: 17 von 20 Abgeordneten hatten endgültig die Nase voll von den Demütigungen durch die eigenwillige Kollegin und stimmten für Paulis Ausschluss aus der Landtagsfraktion. Danach verkündete Hubert Aiwanger blass: "Die Wege von Frau Pauli und den Freien Wählern trennen sich."

Ist es Sturheit oder Größenwahn? Fest steht, dass Gabriele Pauli ihre politische Karriere selbst atomisiert hat. Eine Karriere, die lange über das CSU-Parteibuch lief. Bundesweit machte die promovierte Politologin und damalige Landrätin von Fürth auf sich aufmerksam, als sie dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber die Stirn bot und seinen Sturz mit ihren Bespitzelungsvorwürfen beschleunigte. "Zerstoiberin" wurde sie damals genannt. Der eine oder andere hielt Pauli tatsächlich für die "Jeanne d'Arc der CSU". Und sah sie dann in schwarzem Gummi auf den Hochglanzfotos eines Magazins wieder. Danach war Pauli nur noch das "Latex-Luder".

War sie da schon von allen guten Geistern verlassen? Zumindest hat sich Gabriele Pauli damals zu Höherem berufen gefühlt. Im September 2007 kandidierte sie für den CSU-Parteilvorsitz - und erlitt eine krachende Niederlage: Gerade mal 24 der 938 Delegierten gaben ihrer Jeanne d'Arc die Stimme. Postwendend erklärte Pauli ihren Austritt aus der CSU. Im Juni 2008 sah man sie bei den Freien Wählern wieder. Im darauffolgenden September zog Pauli als Abgeordnete der Freien Wähler in den Bayerischen Landtag ein.

Ein Jahr später stehen Aiwanger und Grein vor einem Scherbenhaufen. Pauli hingegen gibt sich frohgemut. Dass sie nur noch bis zum 29. Juni Zeit hat, Satzung, Programm und Personal der Partei bekannt zu machen, die sie gründen will, lässt sie ungerührt. Das komme in den nächsten Tagen, meinte Pauli gestern in München gelassen.