Punkt 10.15 Uhr landete die Allitalia-Maschine aus Rom mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche an Bord in Berlin-Tegel. Merkel und Wullf empfingen den Papst.

Berlin/Rom. Jetzt ist er da: Seit heute morgen um 10.15 Uhr heißt es in Deutschland wieder "Habemus Papam". Papst Benedikt XVI. hat seinen ersten offiziellen Staatsbesuch in seiner Heimat begonnen. Bundespräsident Christian Wulff, seine Ehefrau Bettina sowie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßten das Oberhaupt der katholischen Kirche auf dem Flughafen Berlin-Tegel. Wulff – selbst Katholik – empfing den Papst wenig später im Garten von Schloss Bellevue. "Willkommen zu Hause, Heiliger Vater“, sagte Wulff. Für den Nachmittag ist eine Rede im Bundestag geplant, der viele Abgeordnete fernbleiben wollen. Der Papst sieht die Kritik an seinem Besuch gelassen.

Das Wachbataillon der Bundeswehr ehrte den deutschen Papst bei seiner Ankunft auf dem Rollfeld mit 21 Salutschüssen. Der in eine weiße Soutane gekleidete Benedikt wartete zunächst auf der windigen Gangway, bis er sie langsam hinab schritt und auf dem roten Teppich begrüßt wurde. Sowohl am Flughafen als auch vor Schloss Bellevue flatterten die weiß-gelben Fahnen des Vatikans im Wind.

Nach dem Empfang im Schloss Bellevue ist ein Treffen mit der bekennenden Protestantin Merkel geplant. Dann wird Benedikt als erster Papst überhaupt im Bundestag sprechen. Etwa 100 der 620 Parlamentarier wollen nicht dabei sein, weil sie das Trennungsgebot von Staat und Kirche missachtet sehen.

Benedikt sagte zu den Protesten und der Opposition gegen seinen Besuch: "Das ist normal in einer freien Gesellschaft.“ Dagegen sei nichts zu sagen, wenn man es denn auf zivile Weise tue. Er komme gerne. "Ich bin in Deutschland geboren, die Wurzel kann und soll nicht abgeschnitten werden“, fügte er hinzu. Dies gelte auch nun, da er oberste Verantwortung für die Weltkirche trage.

Benedikt ist seit 2005 Kirchenoberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken. Auf seiner 21. Auslandsreise besucht er nach der Hauptstadt Berlin noch Erfurt, das Eichsfeld in Thüringen und Freiburg, ehe er am Sonntag zurück nach Rom fliegt. "Ich komme freudig nach Deutschland“, sagte er schon auf dem Flug nach Berlin.

Die Erwartungen an den Pontifex in seinem Heimatland sind groß. Die katholische Kirche steckt in einer tiefen Krise, wurde vom Skandal um den vielfachen Missbrauch Minderjähriger in katholischen Einrichtungen erschüttert. Viele Gläubige haben das Vertrauen in den Klerus verloren und wünschen sich Reformen. Eine Forderung ist, wiederverheirateten Geschiedenen die Teilnahme an der Kommunion zu ermöglichen. Viele hoffen zudem auf Signale des Pontifex zur Ökumene.

Im Berliner Olympiastadion werden am frühen Abend 70.000 Gläubige zu einer Messe der Superlative mit dem katholischen Kirchenoberhaupt erwartet. Sie wird weltweit live übertragen. Auch Kirchenkritiker machen in der Hauptstadt mobil: Die Veranstalter einer Demonstration parallel zur Papstrede im Bundestag rechnen mit 20.000 Teilnehmern.

Die Berliner Innenstadt gleicht einer Hochsicherheitszone. Im Regierungsviertel wurden Gullydeckel verschweißt, Absperrgitter errichtet und weiträumige Parkverbote verhängt. Die Polizei hat Anwohner an den Strecken aufgefordert, die Fenster zu schließen und ihre Balkone zu meiden. Auch an den anderen Reisezielen des Papstes gilt höchste Sicherheitsstufe – wie bei einem Besuch von US-Präsident Barack Obama. Die Polizei bietet mindestens 16.000 Beamte auf.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte die Kirchen auf, sich dem Veränderungsprozess in der Gesellschaft zu stellen. Vom Besuch des Papstes erwarte sie neue Impulse für die katholische Kirche, die vor großen Herausforderungen stehe, sagte Merkel am Mittwochabend.

Berlins Erzbischof Rainer Maria Woelki schließt eine Lockerung des Kommunionverbots für wiederverheiratete Katholiken nicht aus. "Da müssen wir sicherlich nochmal drüber nachdenken“, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Betroffen ist auch Wulff, der als geschiedener, wiederverheirateter Katholik nicht die Kommunion empfangen darf.

Der in Bayern geborene Joseph Ratzinger besucht Deutschland zum dritten Mal als Papst. Die Visiten beim Weltjugendtag 2005 in Köln und in Bayern 2006 waren ausschließlich pastoraler Natur, also dem Glauben gewidmet. Der jetzige Deutschland-Besuch bis 25. September kostet die katholische Kirche 25 bis 30 Millionen Euro. Auch Bund, Ländern und Kommunen – also dem Steuerzahler – entstehen Millionenkosten.

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(dpa)