Rom. Während seines viertägigen Deutschland-Besuchs wird Papst Benedikt XVI. auf Tausende von Menschen treffen, mal aus großer Distanz, mal in nächster Nähe. Dabei lauert für Unerfahrene so manches Fettnäpfchen. Denn mit seiner freundlichen Zugewandtheit verleitet Benedikt XVI. seine Gastgeber und Gesprächspartner mitunter, gegen die strengen Regeln des Protokolls zu verstoßen. So wird etwa das katholische Kirchenoberhaupt mit "Heiliger Vater" oder vor allem von Nichtkatholiken mit "Eure Heiligkeit" angeredet. Der ehemalige US-Präsident George W. Bush fühlte sich einst bei Benedikt jedoch offenbar so entspannt, dass er ihm bei einer Audienz im typisch amerikanischen Militärjargon mit "Yes, Sir" beipflichtete.

Auch darf nicht jeder dem Papst die Hand schütteln. Diese Erfahrung machten Vertreter der Europäischen Union bei einem Besuch in Rom. Sie wunderten sich im Frühjahr, dass Benedikt bei der Seligsprechung von Johannes Paul II. nur die angereisten Staats- und Regierungschefs persönlich begrüßte.

Ebenso gibt es in der Frage der Garderobe klare Vorschriften. Zwar müssen Frauen ihr Haar nicht mehr unter einem schwarzen Schleier verbergen, doch wird bei Empfängen des Papstes erwartet, dass Würdenträger im Frack erscheinen. Wenn der Charakter der Begegnung eher privater Natur ist wie vor fünf Jahren bei dem Treffen von Benedikt XVI. und dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler in München, genügt dem vatikanischen Protokoll ein Anzug. Bei Audienzen im Vatikan ebenso wie auf Auslandsreisen des Papstes ist der Austausch von Geschenken üblich. So demonstrierte er Kritik an der liberalen Haltung von Bushs Nachfolger Barack Obama zur Abtreibung, indem er ihm eine Broschüre zum Thema Lebensschutz überreichte.

Da er nicht nur als Staatsoberhaupt des Vatikanstaats, sondern als geistliches Oberhaupt der katholischen Kirche reist, erwartet das Protokoll bei Auslandsreisen von den Gastgebern Zurückhaltung. So erregte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy in der Umgebung des Papstes Stirnrunzeln, als er gemeinsam mit Benedikt XVI. den jubelnden Gläubigen zuwinkte.

Distanz und Ehrerbietung werden nach den Regeln des kleinsten Staates der Welt und der Etikette der Führung der katholischen Weltkirche auch im 21. Jahrhundert erwartet. Schließlich gilt der Papst Katholiken als Stellvertreter Christi auf Erden, dessen Wahl durch die Kardinäle auf Gottes Willen erfolgt und nicht nach schlichten demokratischen Regeln.