Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat in Düsseldorf eine Rede vor 10.000 Zuschauern gehalten.

Düsseldorf/Berlin. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat seine in Deutschland lebenden Landsleute zur Integration aufgefordert. „Ich sage Ja zur Integration. Ihr müsst euch integrieren, aber ich bin gegen Assimilation,“ rief er den rund 10.000 Zuhörern am Sonntagabend in einer Düsseldorfer Veranstaltungshalle zu. Die Gesellschaft, in der sie lebten, müsse in Ruhe leben können. Das Recht auf Religionsfreiheit dürfe ihnen aber nicht genommen werden. „Niemand darf das Recht der Minderheiten ignorieren“.

Er beobachte Ausländerfeindlichkeiten in Deutschland und anderen Ländern mit Argwohn, sagte Erdogan. „Islamphobie ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, genauso wie Antisemitismus.“ Jeder habe das Recht, seinen Glauben auszuleben.

Erdogan, der sich im Sommer zur Wiederwahl stellt, pries vor seinen Landsleuten die Entwicklung der Türkei in den vergangenen Jahren an. Das Land habe sich zu einem modernen, international anerkannten Staat entwickelt. „Die Türkei steht auf der ganzen Welt für Gerechtigkeit. Die Türkei schreit auf, wenn es Ungerechtigkeit gibt. Die Türkei erhält heute keine Hilfe mehr, sondern leistet Hilfe“, rief Erdogan seinen Landsleuten zu. Das Land habe eine starke Wirtschaft und sich in der Krise behauptet. Der Staat investiere in Infrastruktur wie Autobahnen und Eisenbahnstrecken, aber auch in Rüstung wie Kampfhubschrauber und Kriegsschiffe.

Erdogan war mit einstündiger Verspätung zusammen mit seiner Frau unter tosendem Beifall in die Halle eingezogen. Die türkischen Zuhörer reisten mit Bussen aus ganz Deutschland und den Nachbarländern an. Die Polizei sicherte den Veranstaltungsort mit einem Großaufgebot.

Vor drei Jahren hatte der türkische Regierungschef mit einer Rede in Köln Empörung ausgelöst.

Am Montag soll Erdogan in Hannover zusammen mit Merkel die Computermesse CeBIT eröffnen, bei der die Türkei das Partnerland ist. Zuvor trifft er in der niedersächsischen Landeshauptstadt mit dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zusammen. Wie Erdogan hält auch Altkanzler Schröder bei der Frage nach einem EU-Beitritt der Türkei nicht viel von der "Priveligierten Partnerschaft". „Das Gerede, der Türkei anstelle der EU-Mitgliedschaft eine substanzlose privilegierte Partnerschaft anzubieten, muss aufhören“, sagte er der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“.

Gerade Deutschland müsse sich zum Anwalt für die Mitgliedschaft der Türkei machen, auch aus Eigeninteresse. Schließlich sei Deutschland der mit Abstand größte Wirtschaftspartner des Landes. Merkel richte ihre Außenpolitik zu wenig strategisch aus und zu sehr nach innenpolitischen Gesichtspunkten.

Erdogan hatte im Vorfeld der Reise kritisiert, dass bei der Integration der Türken in Deutschland von den deutschen Behörden die Ansichten, Erwartungen und Bedürfnisse der Türken als Zielgruppe nicht berücksichtigt würden. „Bis heute beachten die deutschen Behörden in Integrationsfragen auch nicht die Ansichten der zuständigen Behörden in der Türkei“, sagte er. „Für eine erfolgreiche Integration halte ich es für erforderlich, dass die deutschen Behörden in Zukunft nicht weiter einseitig handeln, sondern die Kooperation mit den türkischen Migranten, den türkischen Zivilorganisationen und der türkischen Regierung anstreben.“ (dpa)