Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kritisiert kurz vor seinem Deutschlandbesuch Merkels EU- Politik.

Düsseldorf/Berlin. Kurz vor seinem Deutschlandbesuch bekrittelt der türkische Ministerpräsident Erdogan Merkels Haltung zum angestrebten EU-Beitritt derTürkei. „Die Erwartung der türkischen Bevölkerung ist, dass Deutschland wie schon unter früheren CDU-Regierungen innerhalb der EU eine Vorreiterrolle bei den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einnimmt“, sagte Erdogan der „Rheinischen Post“. Erdogan sprach sich auch gegen den von der CDU/CSU propagierten Plan einer "Priviligierten Partnerschaft" von EU und Türkei aus. Die Beitrittsverhandlungen würden mit dem Ziel der vollwertigen Partnerschaft geführt. Von „Privilegierter Partnerschaft“ werde von Zeit zu Zeit auch in Ländern außerhalb Deutschlands gesprochen, sagte Erdogan. „Aber ich verstehe das als eine Formulierung, die allein für den innenpolitischen Gebrauch gedacht ist.“ Nach seiner Ansicht werden die Beitrittsverhandlungen mit der EU „ausschließlich aus politischen Gründen verlangsamt“.

Am Sonntag will Erdogan im Düsseldorfer ISS Dome vor tausenden türkischen und türkischstämmigen Bürgern auftreten. Vor drei Jahren hatte der türkische Regierungschef mit einer Rede in Köln Empörung ausgelöst. Die Polizei bereitet sich auf Proteste vor. Am Montag eröffnet Erdogan dann in Hannover zusammen mit Merkel die Computermesse CeBIT, bei der die Türkei das Partnerland ist. Zuvor trifft er in der niedersächsischen Landeshauptstadt mit dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zusammen. Auch Altkanzler Schröder hält nicht viel von der "Priveligierten Partnerschaft" und forderte Merkel zu Korrekturen in ihrer Türkei-Politik auf. „Das Gerede, der Türkei anstelle der EU-Mitgliedschaft eine substanzlose privilegierte Partnerschaft anzubieten, muss aufhören“, sagte er der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“.

Gerade Deutschland müsse sich zum Anwalt für die Mitgliedschaft der Türkei machen, auch aus Eigeninteresse. Schließlich sei Deutschland der mit Abstand größte Wirtschaftspartner des Landes. Merkel richte ihre Außenpolitik zu wenig strategisch aus und zu sehr nach innenpolitischen Gesichtspunkten. Erdogan kritisierte auch, bei der Integration der Türken in Deutschland würden von den deutschen Behörden die Ansichten, Erwartungen und Bedürfnisse der Türken als Zielgruppe nicht berücksichtigt. „Bis heute beachten die deutschen Behörden in Integrationsfragen auch nicht die Ansichten der zuständigen Behörden in der Türkei“, fügte er hinzu. „Für eine erfolgreiche Integration halte ich es für erforderlich, dass die deutschen Behörden in Zukunft nicht weiter einseitig handeln, sondern die Kooperation mit den türkischen Migranten, den türkischen Zivilorganisationen und der türkischen Regierung anstreben.“ (dpa)