Gesundheitsminister will künftig Kapitaldeckung als Ergänzung zur gesetzlichen Pflegeversicherung einführen. Bessere Bezahlung für Fachkräfte.

Berlin. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) strebt für das kommende Jahr umfassende Reformen in der Pflege an. Auch die Einführung einer kapitalgedeckten Pflegezusatzversicherung ist geplant. "Wir wollen eine kapitalgedeckte Zusatzversicherung als Ergänzung zur bestehenden Pflegeversicherung auf den Weg bringen", kündigte Rösler im Abendblatt an. Das sei der Auftrag des Koalitionsvertrags.

Der Gesundheitsminister verwies auf die Schwächen der momentan geltenden umlagefinanzierten Pflegeversicherung. "Angesichts der demografischen Entwicklung werden immer mehr Menschen Pflege in Anspruch nehmen. Wer jetzt in die Pflegeversicherung zahlt, spart das Geld nicht für sich selbst an, sondern zahlt für die Generation, die jetzt Leistungen in Anspruch nimmt", kritisierte Rösler. Er forderte ein grundsätzliches Umdenken in der Finanzierung der Pflege: "Die jungen Menschen müssen heute anfangen, an morgen zu denken und finanziell vorzusorgen. Was man in die kapitalgedeckte Pflegeabsicherung einzahlt, soll einem auch eines Tages individuell zustehen."

Derzeit liegt der Beitrag zur Pflegeversicherung bei 1,95 Prozent des Bruttoeinkommens, Kinderlose zahlen 2,2 Prozent. In Deutschland sind alle krankenversicherungspflichtigen Personen auch pflegeversichert. Eingeführt wurde die Versicherung 1995 unter der schwarz-gelben Koalition von Helmut Kohl. 15 Jahre danach sind dieselben Koalitionsparteien mit diesem Finanzierungsmodell für Pflegebedürftige nicht mehr zufrieden.

Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP heißt es dazu, man brauche neben dem stehenden Umlageverfahren eine Ergänzung durch Kapitaldeckung, "die verpflichtend, individualisiert und generationengerecht ausgestaltet sein muss".

Am 7. Dezember will der Minister erstmals mit Fachleuten und Verbandsvertretern aus dem Pflegebereich die Reformvorschläge beraten. Auch die interministerielle Arbeitsgruppe zur Reform der Pflegeversicherung soll noch in diesem Jahr eingesetzt werden. "Ich habe relevante Organisationen aus dem Pflegebereich eingeladen, um die Lage der Pflege zu erörtern", sagte Rösler. "Das ist der Auftakt für die Arbeiten an der Pflegereform, die wir 2011 ganz oben auf die Agenda setzen."

Teil der Reformvorhaben in der Pflege ist auch, dem wachsenden Fachkräftemangel in der Branche entgegenzuwirken. Nach Angaben des Arbeitgeberverbandes Pflege fehlen allein in den nächsten neun Jahren rund 300 000 Pflegekräfte, davon 77 000 Pflegefachkräfte. Auch Rösler ist alarmiert: "Es fehlen schon jetzt Fachkräfte in der Krankenpflege und der Altenpflege. Angesichts der demografischen Entwicklung wird der Mangel noch zunehmen." Der Gesundheitsminister kündigte an, die Ausbildungswege in der Pflege einheitlicher zu gestalten, um damit mehr Ausbildungswillige zu gewinnen. "Wir wollen die strenge Trennung von Altenpflege und Krankenpflege in der Ausbildung teilweise aufheben. Ich bin überzeugt, dass die Möglichkeit der späteren Spezialisierung in der Ausbildung das Berufsbild der Pflege attraktiver macht", begründete der FDP-Politiker das Reformvorhaben. Zugleich sprach sich Rösler für eine deutlich höhere Bezahlung von Alten- und Krankenpflegern aus als bislang.

Erst zum 1. August hatte die Bundesregierung für die knapp 600 000 Pflegekräfte einen gesetzlichen Mindestlohn eingeführt. Als verbindliche Untergrenze gilt ein Stundenlohn von 8,50 Euro in den westdeutschen Bundesländern und Berlin sowie von 7,50 Euro in Ostdeutschland. Im Januar 2012 und im Juli 2013 werden die Sätze noch einmal um jeweils 25 Cent angehoben. Die Regelung, die ohne weitere Bestätigung des Bundestags in Kraft treten kann, gilt bis Ende 2014.

Er sei immer für einen Mindestlohn in der Pflege gewesen, sagte Rösler. Jetzt sieht der Gesundheitsminister die Branche weiter am Zug. "Ich appelliere an die Arbeitgeber: Wer heute Fachkräfte will, muss auch bereit sein, fair zu bezahlen. Was man in die Mitarbeiter investiert, kommt einem gerade bei einem zunehmenden Fachkräftemangel zugute."

Rösler forderte darüber hinaus, den Pflegeberuf von unnötigen Lasten zu entbinden. "Pflegekräfte müssen von bürokratischen Aufgaben befreit werden", so der Minister. Viele Pflegekräfte litten unter körperlicher, aber auch unter psychischer Belastung, stellte Rösler zudem fest. "Wir brauchen daher auch mehr Angebote der Supervision. Das Image der Pflege muss sich bessern."