Ex-Bundespräsident Christian Wulff wünscht sich einen Großen Zapfenstreich. Politiker der Opposition raten dagegen zum Verzicht.

Berlin. Der Große Zapfenstreich zur Verabschiedung von Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff sorgt für Streit. Die SPD legte Wulff einen Verzicht auf den militärischen Abschied am Donnerstag nahe. „Christian Wulff ist eigentlich zu raten, auf diesen Zapfenstreich nicht zu bestehen“, sagte Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier am Dienstag in Berlin. Die Zeremonie wird ohne die Fraktionschefs von Koalition und Opposition stattfinden. Wulff war im Februar unter massivem Druck zurückgetreten.

Steinmeier sagte, er glaube nicht, dass die Veranstaltung noch einigermaßen würdevoll sein könne, nachdem auch alle ehemaligen Bundespräsidenten abgesagt hätten. Der Grünen-Ministerpräsident Wilfried Kretschmann aus Baden-Württemberg sagte dagegen: „Das gehört zum Zeremoniell. Das gönnen wir jetzt dem Herrn Wulff.“

Das Bundespräsidialamt stellte klar, dass an die Partei- und Fraktionschefs im Bundestag keine Einladungen für den Großen Zapfenstreich ergangen sind. Eingeladen wurden die Spitzen der Verfassungsorgane und auch das Bundestagpräsidium mit Bundestagpräsident Norbert Lammert (CDU) an der Spitze. Damit seien auch Vertreter aller im Bundestag vertretenen Fraktionen dabei.

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Eingeladen sind auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und das gesamte Bundeskabinett sowie Vertreter der Bundeswehr und persönliche Freunde und Wegbegleiter Wulffs, darunter laut einem Bericht der „Welt“ CDU-Staatssekretär Peter Hintze, der Wulff in vielen Talkshows gegen Vorwürfe in seiner Affäre verteidigt hatte.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière hatte Wulff angeboten, den Großen Zapfenstreich zu organisieren. Diese Einladung nahm Wulff an. Damit hat er nach Ansicht von Experten auch einen Anspruch auf die Zeremonie. Veranstalter ist die Bundeswehr.

Schon am Vortag war bekanntgeworden, dass Wulffs noch lebende Vorgänger Walter Scheel, Roman Herzog, Richard von Weizsäcker und Horst Köhler, die automatisch zu wichtigen Terminen im Schloss Bellevue eingeladen werden, beim Zapfenstreich für Wulff nicht dabei sein werden. Der dpa bestätigten die Büros aller Ex-Präsidenten einen entsprechenden Bericht der „Bild“-Zeitung.

Scheels Büro verwies auf das Alter des Ex-Präsidenten: „Herr Scheel ist fast 93 Jahre alt, und diese Reise wäre für diesen Anlass unangemessen.“ Köhlers Sprecher nannte eine seit langem geplante Reise und Herzogs Büro einen ebenfalls seit längerem feststehenden Termin als Grund. Weizsäckers Büro gab keine Begründung.

Zur Verabschiedung Wulffs werden am Donnerstag rund 200 Gäste bei einem Empfang im Schloss Bellevue erwartet. Der Empfang findet vor dem Großen Zapfenstreich statt. Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr spielt zunächst den „Alexandermarsch“ von Andreas Leonhardt, dann „Over The Rainbow“ von Harold Arlen, „Da berühren sich Himmel und Erde“ von Christoph Lehmann und die Ode „An die Freude“ von Ludwig van Beethoven. Zum Abschluss erklingt die Nationalhymne.

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hanelore Kraft (SPD) appellierte an Wulff, mit einem Verzicht auf bei Ehrensold und Zapfenstreich Wiedergutmachung zu leisten. In einem Interview der „Leipziger Volkszeitung“ sagte sie: „Herr Wulff hätte die einmalige Chance, mit einer freiwilligen Verzichtserklärung vieles von dem wieder gut zu machen, was er bisher angerichtet hat.“

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wies die Kritik am Großen Zapfenstreich und den Privilegien für den ehemaligen Bundespräsidenten Wulff zurück. Gröhe sagte der „Saarbrücker Zeitung“ (Mittwoch), er warne davor, „Christian Wulff in einem laufenden Ermittlungsverfahren vorzuverurteilen und ihm das abzusprechen, was einem scheidenden Bundespräsidenten rechtlich und in bewährter Staatspraxis zusteht“.

Zugleich betonte Gröhe jedoch: „Ich habe Verständnis für manchen Unmut in der Bevölkerung.“ Kritik richtete sich in den vergangenen Tagen vor allem dagegen, dass der 52-jährige Wulff nach seiner kurzen Amtszeit einen Ehrensold von jährlich 199 000 Euro erhalten soll. Wulff war nach zwei Monaten heftiger Kritik zurückgetreten, als die Staatsanwaltschaft Hannover Ermittlungen gegen ihn wegen des Verdachts der Vorteilsannahme angekündigt hatte. Dabei geht es um Wulffs Beziehung zu dem Filmunternehmer David Groenewold während der Zeit als Ministerpräsident in Niedersachsen.

Der aussichtsreiche Kandidat für die Nachfolge Wulffs, Joachim Gauck, hat nach eigenen Worten noch nicht entschieden, ob er am Großen Zapfenstreich teilnehmen wird. „Wie ich mich auch entscheide, ich bin sicher, Herr Wulff wird es verstehen“, sagte Gauck am Dienstag in Schwerin. Union, SPD, FDP und Grüne haben den langjährigen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen als gemeinsamen Kandidaten nominiert. Die Wahl des 72-jährigen früheren Pastors am 18. März in der Bundesversammlung gilt als sicher. (abendblatt.de/dpa)