2000 Bundeswehrsoldaten sollen zusätzlich nach Afghanistan. Bundeskanzlerin Angela Merkel spielt auf Zeit.

Paris/Washington/Berlin. Die Bundesregierung wird frühestens Ende Januar über eine mögliche Aufstockung der Bundeswehr-Truppen in Afghanistan entscheiden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verwies auf die internationale Afghanistan-Konferenz, die am 28. Januar in London stattfinden soll. Erst nach diesem Treffen werde Deutschland entscheiden, „ob und gegebenenfalls was wir an zusätzlichen Anstrengungen machen“.

Die USA wollen angeblich von Deutschland 2000 Soldaten zusätzlich für den Einsatz in Afghanistan. Derzeit sind 4500 Bundeswehrsoldaten am Hindukusch stationiert. US-Präsident Barack Obama habe die Alliierten gebeten, 10 000 weitere Soldaten bereitzustellen, berichtete die französische Zeitung „Le Monde“ ohne Angabe von Quellen. Obama wird die neue Militärstrategie in einer Rede an die Nation in der Nacht zu Mittwoch darlegen. Die Rede hält er an der Militärakademie in West Point.

Obama informierte Merkel vorab über seine Afghanistan-Strategie. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm teilte am Dienstagabend in Berlin auf Anfrage mit, der US-Präsident Obama habe Merkel in einem Telefongespräch „über die wesentlichen Inhalte seiner Rede zum US- Engagement in Afghanistan“ unterrichtet. Merkel habe Obama im Gegenzug über die deutschen Bemühungen zur Stabilisierung am Hindukusch informiert. Dabei habe sie auf die Londoner Konferenz verwiesen, „in deren Licht die Bundesregierung ihr ziviles und militärisches Engagement erneut einer Prüfung unterziehen wird.“

Nach einem Bericht der „Washington Post“ will er unter anderem die Entsendung von 34 000 zusätzlichen US-Soldaten nach Afghanistan verkünden. Die Nato und anderen Alliierte werde er um weitere 5000 Mann bitten. Derzeit sind mehr als 100 000 ausländische Soldaten am Hindukusch stationiert, darunter etwa 68 000 Amerikaner. Nach Angaben eines Sprechers der afghanischen Regierung informierte Obama bereits Präsident Hamid Karsai in einer einstündigen Videokonferenz über die neue Strategie. Die Zahl der der zusätzlichen US-Soldaten entsprechen in etwa den 40 000 Soldaten, die der US-Oberbefehlshaber in Afghanistan, General Stanley McChrystal, ursprünglich gefordert hatte.

Der britische Premier Gordon Brown hatte zuvor angekündigt, dass London 500 weitere Soldaten an den Hindukusch schickt. Damit erhöhe sich die Zahl der Briten – inklusive Sondereinheiten – auf mehr als 10 000, sagte Brown vor dem Unterhaus in London.

Nach einem Treffen mit dem pakistanischen Premierminister Yousuf Raza Gilani hatte Merkel nur gesagt: „Wir hören jetzt die Wünsche der Vereinigten Staaten von Amerika. Wir werden uns in diesen Tagen aber nicht entscheiden, sondern erst nach der Afghanistan-Konferenz.“ Außenminister Westerwelle betonte, Europa werde seine „strategischen Entscheidungen“ bis zu der Konferenz in London erarbeiten. „Erst dann wird es eine Position von Europa und Deutschland geben.“

Derzeit sind in Afghanistan etwa 4500 Bundeswehr-Soldaten im Einsatz. Hinzu kommen mehr als 100 Polizeiausbilder. Der Bundestag entscheidet an diesem Donnerstag über die Verlängerung des laufenden Afghanistan-Mandats, das eine Obergrenze von 4500 Soldaten erlaubt. Die Zustimmung gilt als sicher. Die SPD ging jedoch auf Distanz zu einer Aufstockung der deutschen Truppen. Diese Frage könne nicht nach dem Motto entschieden werden: „Wir machen es“, sagte Parteichef Sigmar Gabriel. Vor einer Festlegung werde die SPD intensiv debattieren, „welche Lösung verantwortbar ist“. Notwendig sei eine nüchterne Abwägung über die Risiken und ein möglichst schnelles Ende des Einsatzes. Die Grünen lehnten eine Aufstockung ab und verlangten eine „militärische Abzugsperspektive“.