Die „Stones“ treten ab, Heidemarie Wieczorek-Zeul muss gehen, Ulla Schmidt wird einfache Abgeordnete. Horst Köhler hat's beurkundet.

Berlin. Die Kanzler wechselten, die Koalitionen änderten die Farbkombination. Doch eine harrte aus: Heidemarie Wieczorek-Zeul hat als einzige Bundesministerin alle elf Regierungsjahre der SPD durchgestanden. Nach der historischen Wahlschlappe ihrer Partei musste die 66-Jährige am Dienstag Abschied nehmen von der Macht.

Bundespräsident Horst Köhler überreichte der „Roten Heidi“, deren Karriere vor über 35 Jahren als Juso-Chefin begann, im Berliner Schloss Bellevue ihre Entlassungsurkunde, ebenso wie den sieben übrigen SPD-Bundesministern. Die meisten von ihnen halten in diesen Tagen Ausschau nach neuen Aufgaben, doch drei prominente SPD-Minister sind weich gefallen.

Der gescheiterte Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier wurde neuer Chef der arg dezimierten Bundestagsfraktion, und der bisherige Umweltminister Sigmar Gabriel ist inzwischen offizieller Kandidat für den SPD-Vorsitz. Ex-Arbeitsminister Olaf Scholz soll Gabriels Stellvertreter werden. Zudem steuert der 51-Jährige mit dem SPD-Vorsitz in Hamburg ein zweites hohes Parteiamt an – und lauert im Wartestand auf mehr.

Seinen Hut nimmt hingegen der ehemalige Finanzminister Peer Steinbrück. Bereits am Tag zwei nach der Wahl kündigte der 62-Jährige an, er werde in Fraktion und Partei keine Ämter mehr anstreben, sondern als einfacher Abgeordneter in die zweite Reihe treten und Platz für Jüngere machen. Damit ist der Abtritt der „Stones" perfekt.

Das ist ein beachtlicher Verzicht, denn während der Krise hatte sich Steinbrück als Politmanager auch international viel Ansehen erworben. Wie es beruflich weitergeht, wollte der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Es werde aber keine Schnellschüsse geben: „Die Spekulationen, es gebe fantastische Angebote aus der Wirtschaft, sind alle Schall und Rauch.“

Auch die wegen der Nutzung ihres Dienstwagens im Spanien-Urlaub politisch angeschlagene Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt muss ihren Posten aufgeben. Sie will nun ihr Mandat im Bundestag wahrnehmen und sich von der SPD auch in Ausschüsse entsenden lassen – keinesfalls aber in den Gesundheitsausschuss, wie ihr Sprecher Klaus Vater versicherte. Zudem werde die Oma zweier Enkel „mit Sicherheit mehr Zeit haben für ihre Familie“.

Schmidt war bisher die dienstälteste Gesundheitsministerin Europas. Die 60-Jährige hatte ihr Direktmandat in Aachen ausgerechnet an den Vorsitzenden des Marburger Bundes, Rudolf Henke, verloren. Auf ihrer Homepage erklärt sie nun trotzig: „Ich bin überzeugt, noch viel für Aachen tun zu können.“

Ebenfalls als einfacher Abgeordneter macht nun Ex-Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee weiter. „Wenn es auch mal ein Stopp-Zeichen gibt, heißt das noch lange nicht, dass es nicht spannend irgendwo anders weitergeht“, sagte der 54-Jährige. Sein Lebensmittelpunkt werde sich wieder mehr nach Leipzig orientieren. Die SPD habe ein so bitteres Ergebnis bekommen, dass vor Ort jetzt „Graswurzel- und Kärrnerarbeit“ nötig sei. Im Bundestag wird er sich nicht weiter um Verkehr und Bau kümmern. Ein ungeschriebenes Gesetz besagt, dass ein Ex-Minister nicht in den Ausschuss des Ressorts geht, wo er vorher Minister war. (AP/HA)