Familien- und Justizministerin waren sich nicht immer einig. Doch jetzt ziehen Ursula von der Leyen und Brigitte Zypries an einem Strang.

Berlin. Während der vergangenen vier Jahre waren sie sich nicht immer ganz einig - vor allem, als es um die Sperrung kinderpornografischer Internetseiten ging.Doch gestern machten sich die beiden Ministerinnen Ursula von der Leyen (Familie) von der CDU und Brigitte Zypries (Justiz) von der SPD gemeinsam und ohne große Wahlkampfpolemik für den Kinderschutz stark.

Im Kabinett präsentierten beide ihre Berichte und kündigten an, dass Union wie SPD nach der Bundestagswahl einen neuen Anlauf für einen besseren Schutz von Kindern aus Problemfamilien unternehmen werden. Trotz des von der SPD noch kurz vor der Sommerpause des Parlaments gestoppten Kinderschutz-Gesetzentwurfs von der Leyens stellten beide Ministerinnen zahlreiche Verbesserungen durch die Große Koalition in den vergangenen vier Jahren heraus. Anlass für die verschiedenen Gesetzesänderungen war eine spektakuläre Serie von Kindestötungen und -misshandlungen durch überforderte Eltern. Seitdem sei das Niveau des Kinderschutzes gemeinsam mit Ländern und Kommunen deutlich verbessert worden, hieß es übereinstimmend in den Erklärungen. Zypries möchte zudem in der nächsten Wahlperiode das Vormundschaftsgesetz reformieren.

Von der Leyen sagte, trotz der Verbesserungen - frühe Hilfe für Eltern und Kinder, effizientere Frühwarnsysteme, bessere Gesundheitsvorsorge - seien noch weitere Gesetzeslücken zu schließen. So warte die Ärzteschaft auf Klarstellung im Bundesgesetz, wann zum Schutz gefährdeter Kinder die Schweigepflicht gebrochen werden kann und Jugendämter nach einem Hausbesuch statt nach Aktenlage entscheiden sollen. "Und die Jugendämter, die tagtäglich eine hohe Verantwortung tragen, brauchen einen deutschlandweit gültigen und verlässlichen Maßstab, wann der Blick in die Akte nicht mehr ausreicht und das Kind in seiner Umgebung angeschaut werden muss", sagte von der Leyen. Auch müsse die Finanzierung von Familienhebammen beim Schutz betroffener Kinder auf eine sichere Grundlage gestellt werden.

Zypries will mit einer Reform des Vormundschaftsrechts die persönliche Beziehung zwischen Vormund und Kind stärken. So sollten mehr Menschen dafür gewonnen werden, ehrenamtlich eine Einzelvormundschaft zu übernehmen. Damit könnten die Amtsvormünder entlastet werden, die zum Teil 60 bis 120 Kinder zu betreuen hätten. "Dies ist einfach zu viel", sagte Zypries. Auch müsse die Zusammenarbeit von Familiengericht und Jugendamt weiter verbessert und die Teilnahme der Jugendpflege beim Gerichtstermin verbindlicher geregelt werden. Richter und Jugendamtsmitarbeiter sollten sich "optimal fortbilden und fallübergreifend zusammenarbeiten", sagte Zypries.

Auch die Justizministerin stellte die Verbesserungen der vergangenen vier Jahre heraus, etwa die Stärkung der Familiengerichte bei Pflege- und Sorgerechtsentscheidungen. Zudem sorge das erweiterte Führungszeugnis dafür, dass Arbeitgeber im Kinder- und Jugendbereich über Sexualdelikte von Bewerbern Bescheid wüssten. Von der Leyen sagte, für den Schutz der Kinder brauche die Gesellschaft "verlässliche Qualitätsstandards, die deutschlandweit gelten, keinen Flickenteppich". Wer vor Ort Verantwortung trage, brauche Sicherheit.