Unionsfraktionsvize Bosbach nennt ablehnende Haltung der SPD-Verbände “unbegreiflich“. Polizei fordert Änderungen.

Hamburg. Im Streit um das BKA-Gesetz hat die Union den Druck auf den Koalitionspartner SPD erhöht. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte die Länder zur Zustimmung zu dem umstrittenen Gesetz im Bundesrat auf, nachdem vier SPD-Landesverbände mit der Ablehnung drohten. Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach kritisierte die Ablehnungsfront und sagte dem Abendblatt, das sei "ein Stück aus dem Tollhaus".

Es sei ein "untragbarer Zustand", dass das Bundeskriminalamt (BKA) zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus noch immer "keine einzige Befugnis" habe, obwohl ihm vor mehr als zwei Jahren die Kompetenz übertragen worden sei, so Bosbach weiter. Die Vorgehensweise von Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Berlin "ist auch deshalb unbegreiflich, weil die Länder zu einer Stellungnahme zum BKA-Gesetz aufgefordert worden waren, bevor sich der Bundestag damit beschäftigt hat". Alle jetzt hervorgeholten Argumente seien damals kein Thema gewesen. "Was man also damals für irrelevant hielt, soll heute die Verabschiedung des Gesetzes verhindern."

Auch der in Rheinland-Pfalz allein regierende Ministerpräsident Kurt Beck kündigte an, er werde den von der Bundes-SPD in Berlin mitbeschlossenen Befugnissen für das BKA nicht zustimmen. Damit hat das Gesetz bei der für den 28. November geplanten Abstimmung im Bundesrat keine Chance. Beck sagte, er wolle den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag anrufen. Das Gesetz müsse nachgearbeitet werden. Bosbach lehnte dies ab. Bei der Terrorabwehr dürfe man "keine faulen Kompromisse machen". Auch der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sprach sich gegenüber dem Abendblatt gegen Änderungen am BKA-Gesetz aus: "Das Gesetz hat jetzt schon zahlreiche bürokratische Hürden. Weitere würden es zu einem Placebo-Gesetz machen." Ähnlich äußerte sich Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus. "Ich halte die Befugnisse für absolut erforderlich", sagte der CDU-Politiker dem Abendblatt. "Jeder der sich dem verweigert, muss sich jetzt fragen lassen, ob er nach dem 11. September überhaupt noch seiner politischen Verantwortung gerecht wird."

Der Chef des Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, sieht nach eigenen Worten möglichen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zwar gelassen entgegen. Aber wenn es noch weitere Kompromisse etwa bei der Online-Durchsuchung geben sollte, "dann machen wir die Online-Durchsuchung unbrauchbar", sagte er im rbb-Inforadio.

Der Vorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamter, Klaus Jansen, forderte die das BKA-Gesetz ablehnenden Länder auf, ein Konzept vorzulegen, wie sie ohne das Bundeskriminalamt mit dem internationalen Terrorismus fertig werden wollen. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, erklärte, die SPD werde wegen des Widerstands der Landesverbände "zum Sicherheitsrisiko". Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und die Gewerkschaft der Polizei kritisierten dagegen den Gesetzentwurf und forderten Nachbesserungen.

Mit dem Gesetz soll das BKA erstmals zur Abwehr terroristischer Gefahren auch vorbeugend tätig werden dürfen. Vorrangiger Streitpunkt sind die heimlichen Online-Durchsuchungen von Computern, die in Eilfällen auch ohne richterlichen Beschluss möglich sein sollen. In der Kritik steht zudem das eingeschränkte Zeugnisverweigerungsrecht für Ärzte und Journalisten. Zu den geplanten Kompetenzen gehören auch das Abhören und die Videoüberwachung von Wohnungen