Eine aktuelle OECD-Studie beweist: Zwischen den Jahren 2000 und 2005 sind die Einkommensunterschiede und die relative Armut enorm angestiegen. Bis zu 11 Prozent der Bevölkerung liegen unterhalb der Armustgrenze.

Berlin. "Deutschland liegt hier leicht über dem OECD-Durchschnitt", so Michael Förster vom OECD-Direktorat für Beschäftigung, Arbeit und Soziales. Skandinavische Länder wie Dänemark und Schweden hingegen erreichten nur einen Wert von 5 Prozent. Deutschland gehöre mit Tschechien, Kanada und Neuseeland auch zu den Ländern, in denen die Kinderarmut am stärksten gewachsen sei.

Alleinerziehende und Kinder sind der Studie zufolge überdurchschnittlich, Rentner dagegen unterdurchschnittlich von Armut betroffen. In Bezug auf die Armutsrisiken spiele Erwerbslosigkeit eine große Rolle. Deutschland weise im OECD-Vergleich die höchste Rate an Haushalten ohne erwerbstätige Person auf.

Menschen mit weniger als 50 Prozent des mittleren Einkommens gelten nach der OECD-Definition ebenfalls als von der Armut bedroht. Dabei wird nicht der Mittelwert aller Einkommen herangezogen, sondern der deutlich niedriger liegende Median, der die gesamte Bevölkerung genau in der Mitte in zwei gleich große Gruppen teilt.

Im OECD-Durchschnitt liegt das Armutsrisiko in Haushalten, in denen keine Person arbeitet, bei etwa 30 Prozent. Bei einem Einkommen im Haushalt senke es sich auf 12 bis 13 Prozent und bei mehreren auf 3 Prozent. In Deutschland dagegen sei die "Einkommensarmutsrate der Haushalte ohne Erwerbseinkommen bei 40 Prozent", erklärte Förster. Bei einem Einkommen sinke es auf 7 bis 8 Prozent, bei mehreren auf 1 Prozent.

Im Jahr 2006 hat sich die Einkommensungleichheit in Deutschland laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) weiter verschärft. Ein Jahr später, angeregt durch den konjunkturellen Aufschwung, habe sich die Lage wieder verbessert. "Was in absoluten Zahlen bedeutet, dass 1,2 Millionen Menschen in Deutschland aufgrund der verbesserten Arbeitsmarktsituation nicht mehr von Armut betroffen sind", sagte Markus Grabka vom DIW.

Die konjunkturelle Entwicklung stelle sich seit Mitte 2008 aber wieder deutlich negativer dar. Die Arbeitsmarktstrukturen hätten sich in den vergangenen zehn Jahren mit mehr Leih- und Zeitarbeit sowie geringfügiger Beschäftigung stark verändert. Diese Beschäftigten "werden jetzt im Rahmen des konjunkturellen Abschwungs relativ schnell aus dem Arbeitsmarkt hinauskatapultiert werden. Was unserer Einschätzung nach das Ausmaß an Einkommensarmut für das Jahr 2009 wieder steigen lässt", sagte Grabka.