SPD will Wohlhabende zur Kasse bitten, CSU plädiert für mehr Kindergeld.

Berlin. Der neue Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hat die Debatte um die Einführung einer Reichensteuer entfacht. Jeder Achte in Deutschland lebte im Jahr 2005 von maximal 781 Euro im Monat und galt somit als arm. Gestern forderten SPD-Politiker, Wohlhabende stärker zu belasten. Als reich wird eingestuft, wer als Alleinlebender mehr als 3418 Euro im Monat netto hat.

Nötig sei eine neue Solidarität, forderte der SPD-Sozialexperte Karl Lauterbach in der "Neuen Presse" aus Hannover. "Ohne die Hilfe derjenigen mit den hohen Einkommen und Vermögen wird das nicht gehen." Das Steuerrecht müsse nachjustiert werden. Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Elke Ferner, forderte die Wiedereinführung der 1997 abgeschafften Vermögenssteuer. "Aber auch im oberen Bereich der Einkommenssteuer sehe ich noch Luft", sagte sie. Für eine soziale Umverteilung von oben nach unten müssten Top-Verdiener mit mehr als 500 000 Euro Jahreseinkommen stärker belastet werden. Der Vorsitzende der Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, plädierte ebenfalls für eine stärkere Belastung der Reichen. "Die einen haben zu wenig, die anderen zu viel", sagte er.

Linksparteichef Oskar Lafontaine beklagte, es sei mit dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes unvereinbar, dass jeder Achte arm und jeder Vierte von Armut bedroht sei. "Hier wird fortgesetzter Verfassungsbruch begangen." Notwendig sei ein gesetzlicher Mindestlohn. Nach Ansicht des familienpolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Johannes Singhammer (CSU), zeigen die Zahlen, wie sehr eine Kindergelderhöhung Armut reduzieren könnte. Man komme daher um eine Kindergelderhöhung im nächsten Jahr nicht herum. Dieser Punkt ist in der Koalition noch strittig. Der mittelstandspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Michael Fuchs, sprach sich im ZDF dafür aus, den von Armut bedrohten Menschen durch Steuersenkungen noch vor der Bundestagswahl zu helfen. Dies wird bisher von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgelehnt.

Auch die SPD ist gegen Steuersenkungen: Die Diskussion über Armut würde weiter verschärft, "wenn wir den Staat schwächen würden", sagte SPD-General Hubertus Heil. Rasche steuerliche Entlastungen führten "automatisch zu sozialen Kürzungen". Allenfalls sei eine stärkere Steuerfinanzierung der Sozialabgaben auf Einkommen oberhalb von 800 Euro zu erwägen. Die SPD kämpfe weiter für Lohnuntergrenzen.