Kaum jemand kennt sich an den Krisenherden dieser Welt so gut aus, wie Ulrich Tilgner, langjähriger Nahost-Korrespondent des ZDF und derzeit des Schweizer Fernsehens. Er berichtet vor allem aus dem Irak, dem Iran und Afghanistan. Dass er dabei auch von ausländischen Geheimdiensten abgehört wird, war ihm eigentlich immer klar. "Ich empfinde es als sehr unangenehm, aber man muss davon ausgehen, dass es passiert", sagte er gestern dem Abendblatt. Im vergangenen Jahr bekam er dafür sogar eine Bestätigung. Ein hoher deutscher Diplomat sagte in Afghanistan zu ihm: "Sie müssen verstehen, dass sie abgehört werden", nachdem Tilgner mit dem entführten Bauingenieur Rudolf Blechschmidt telefoniert hatte. "Wer mich abgehört hat, weiß ich nicht", sagt Tilgner. Doch wenn er mit dem Entführten telefoniere, müsse er davon ausgehen, dass jemand mithört. Ein Skandal würde für ihn daraus, wenn auch Gespräche zwischen ihm und seinem damaligen Arbeitgeber, dem ZDF, aufgezeichnet worden wären. Dies müsse das ZDF klären. Der Bundesnachrichtendienst (BND) sage gestern, es habe während der Entführung von Blechschmidt keine Telefon-Überwachung deutscher Journalisten gegeben. Tilgner fragt sich, ob ihn vielleicht afghanische Dienste abhörten und deutsche Geheimdienstler davon nur profitierten und ob deutsche Dienste im Ausland rechtliche Grenzen, die ihnen in Deutschland gegeben sind, überschreiten. Für ihn ist die Aktion ein Beispiel dafür, "dass der BND auch sehr gern versucht, Journalisten anzuzapfen. In einer für mich empörenden Weise ist das im Vorfeld des Irak-Krieges passiert." Bei den Gesprächen von Journalisten mit dem Botschafter hätten immer zwei BND-Leute dabei gesessen und das sogar an die US-Dienste weitergeliefert - wie er später erfuhr.