Personalnot: Bei fast jedem fünften Haushalt fiel in diesem Jahr an mindestens einem Werktag die Briefzustellung aus.

Hamburg. Der Service bei der Deutschen Post verärgert immer mehr Bürger. Bei fast jedem fünften Haushalt in Hamburg ist in diesem Jahr an mindestens einem Werktag die Briefzustellung ausgefallen. "Zwischen Januar und Februar blieben 200 Zustellbezirke wegen Personalmangels unbesetzt. Dadurch erhielten in diesem Zeitraum rund 200 000 Haushalte keine Post", sagte der Landesfachbereichsleiter der Gewerkschaft Ver.di, Wolfgang Abel, dem Abendblatt. Darüber hinaus mussten 900 Briefträger ihre Zustelltour vorzeitig abbrechen, da selbst ihre maximale Tagesarbeitszeit von 10 Stunden 45 Minuten nicht ausreichte, um die großen Briefmengen zu verteilen. Betroffen von den Ausfällen waren vor allem Haushalte in Bramfeld, Rahlstedt, Billstedt, Wandsbek und Altona.

Die Gewerkschaft wirft der Deutschen Post eine "katastrophale Personalsparpolitik" vor. "Es gibt zu wenig Beschäftigte, um einen ordnungsgemäßen Betrieb bei Einhaltung der Tarifverträge aufrechtzuerhalten", kritisierte Abel. Der Konzern lasse immer mehr Sendungen durch immer weniger Briefträger austragen. In Norddeutschland hätten die Mitarbeiter mittlerweile mehr als zwei Millionen Überstunden angesammelt - davon 329 000 in Hamburg. Um diese Überstunden abzubauen, müsste die Post ein Jahr lang 1000 weitere Mitarbeiter einstellen. Aus Protest gegen die Sparpolitik des Konzerns kündigte Ver.di für nächste Woche "betriebliche Störungen" in Hamburg und Schleswig-Holstein an. In der Praxis könne dies bedeuten, dass einige Mitarbeiter zeitweise die Arbeit niederlegen. Sollte das Unternehmen nicht reagieren, seien ab April auch Streiks möglich. "Dann droht der Post ein heißer Frühling", so Abel.

Die Deutsche Post räumte gestern Ausfälle in der Briefzustellung ein. "Der Krankenstand war im Januar und Februar mit fast zehn Prozent doppelt so hoch wie geplant", sagte Post-Sprecher Jörg Koens. Zugleich verzeichnete der Konzern in den ersten beiden Monaten ein "immens hohes Sendungsaufkommen", was die Lage zusätzlich verschärft habe. Der Konzern bedauerte die Ausfälle. "Jeder Bezirk, der ausfällt, ist einer zu viel. Jeder Zustellbezirk, der nicht komplett ausgetragen wird, ist ärgerlich", so Koens.

Der Konzern habe aber bereits Konsequenzen gezogen und versuche, die Probleme so schnell wie möglich zu lösen. "Wir suchen aktuell für Hamburg 120 Beschäftigte, die als Voll- oder Teilzeitkräfte bei uns arbeiten, um vor allem am Sonnabend die Mehrarbeit auszugleichen." Die Stellen seien zunächst befristet.

In Hamburg arbeiten derzeit 1250 Briefträger, die für 990 Zustellbezirke mit jeweils rund 1000 Haushalten und Firmen zuständig sind. Die Post hofft, den Konflikt mit Ver.di friedlich lösen zu können. Das Konfliktpotenzial aber ist groß. Denn Ver.di hat zwei weitere Ziele, sagt Abel: "Wir wollen, dass der Konzern die Postzulage für Beamte von monatlich 50 bis 70 Euro weiterbezahlt und dass kein Mitarbeiter wegen Arbeitsmangels entlassen werden darf." Beide Vereinbarungen laufen Ende März aus.