Wiesbaden. In der hessischen SPD regt sich Widerstand gegen eine von der Linken geduldete Minderheitsregierung. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Landtag, Jürgen Walter, warnte gestern im ZDF energisch davor, die Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen. Dagegen sprach sich der von der SPD als hessischer Wirtschaftsminister vorgesehene Bundestagsabgeordnete Hermann Scheer für eine Minderheitsregierung aus.

Jürgen Walter sagte: "Ich persönlich halte diesen Weg für falsch und ausgesprochen gefährlich." Zugleich sicherte der einstige Rivale Ypsilantis ihr seine Unterstützung zu. Scheer dagegen warnte in einem Interview von stern.de vor einem "Moralisierungswettbewerb" im Umgang mit der Linken. Zur Glaubwürdigkeit gehöre vor allem, "dass man das eigene Programm umzusetzen versucht". CDU-Ministerpräsident Roland Koch habe die Wahl verloren: "Da ist es nur normal, wenn Andrea Ypsilanti nun im hessischen Landtag zur Wahl antritt."

Die SPD-Landtagsfraktion forderte gestern FDP und Grüne zu Gesprächen über eine Ampelkoalition auf. Auf ein Gesprächsangebot an die Linke verzichteten die Sozialdemokraten dagegen. "Ich möchte eine langfristig stabile Regierung haben", sagte Ypsilanti. Sie werde die Tür für eine Ampelkoalition mit FDP und Grünen so lange wie möglich offen halten.

Ypsilanti hatte am Montag dem hessischen FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn per Brief Koalitionsverhandlungen angeboten. Hahn äußerte sich ablehnend zu diesem Bündnisangebot. Der Brief Ypsilantis überzeuge ihn nicht, in Koalitionsverhandlungen einzusteigen, sagte Hahn. Nach Beratungen in Präsidium und Landtagsfraktion der hessischen FDP werde spätestens am Donnerstag eine Entscheidung fallen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Peter Struck, sieht nach eigenen Worten die Wahl von Ypsilanti zur Ministerpräsidentin mit den Stimmen der Linken nur als letzte Möglichkeit. "Meine Lösung ist das nicht", sagte Struck im ZDF: "Ich halte das nicht für gut." Es müsse aber eine Option geben, wenn sich die FDP verweigere.

Die Unstimmigkeiten über den Kurs der SPD gegenüber der Linkspartei überschatten unterdessen die als Harmonietreffen geplante Klausur der Berliner Fraktionsspitzen. Spitzenpolitiker von CDU und CSU bezeichneten den Kurs der Sozialdemokraten als "schwere Belastung" für die weitere Arbeit.