Beifall für die Spitzenkandidaten. Aber alle sind sich einig: Die Debatte um eine mögliche Kooperation der SPD mit der Linkspartei in Hessen hat massiv geschadet.

Es ist ein völlig gelöster, ja wie ausgewechselt wirkender Michael Naumann, der um 18.30 Uhr bei der SPD-Wahlparty im Kurt-Schumacher-Haus vor die trotz des mäßigen Ergebnisses jubelnden Genossen tritt. "Wir sind die einzige Volkspartei, die gewonnen hat", tröstet er sich und seine Leute, und: "Die absolute Mehrheit des Beust-Senats ist weg, die Sozialdemokraten in Hamburg sind wieder da!"

Er habe noch niemals einen solchen Enthusiasmus in der SPD erlebt, die Partei habe gezeigt, dass sie kämpfen kann, "und dafür danke ich euch". Beifall brandet auf, und der ist offenbar ehrlich gemeint. Denn Naumann hat sich in der Partei mit seiner aufreibenden Ochsentour durch alle Stadtteile, seinem unermüdlichen Einsatz im Wahlkampf Respekt verschafft, die anfängliche Skepsis nach seiner Nominierung ist Dank und Anerkennung für seine Arbeit gewichen. "Er hat Großes geleistet, die Partei auch zu neuer Geschlossenheit geführt." Das sagt an diesem Abend nicht nur die stellvertretende Parteivorsitzende Dorothee Stapelfeldt. Weniger freundliche Worte finden die Hamburger Genossen an diesem Abend für ihren Bundesvorsitzenden Kurt Beck. Denn darin sind sich alle einig: Die Debatte um eine mögliche Kooperation der SPD mit der Linkspartei in Hessen hat den Hamburgern massiv geschadet, die Abgeordnete Carola Veit spricht von ein bis zwei Prozentpunkten, die "diese Sache" gekostet habe. Dirk Mirow von der Harburger Basis fordert in einem ersten Ausbruch von Ärger gar den Rücktritt des Parteichefs, andere grummeln: "Der braucht sich in Hamburg erst mal nicht mehr blicken zu lassen." "Wir hätten mit der Linkspartei doch niemals etwas angefangen, das war doch eine Phantomdebatte", ärgern sich auch Jan Quast und Dirk Kienscherf.

Die Stimmung bei der Wahlparty ist entsprechend gedrückt - ganz anders als bei Naumann, dem anzumerken ist, dass an diesem Abend auch eine große Last von ihm fällt. Als Naumann mit Ehefrau Marie Warburg um 18.55 Uhr im Foyer des CCH auftaucht, fasst er in Anbetracht des Chaos, das die Fotografen im Kampf um das beste Bild veranstalten, ganz fest ihre Hand. Fragen beantwortet er nicht, hebt sich sein Statement für das ZDF auf. Beck will er aber nicht schelten: "Wir müssen das Ergebnis erst mal genau analysieren." Und Naumann wiederholt, was er schon so oft gesagt hat in diesen Tagen: "Es wird keinerlei Zusammenarbeit mit den Linken geben." Die SPD zeichne seit hundert Jahren ihre Verlässlichkeit aus, dabei solle es bleiben.

SPD-Fraktionschef Michael Neumann bekräftigt unterdessen das Nein der Genossen zu einer Zusammenarbeit mit der Linken. "Wir sind mit allen demokratischen Parteien koalitionsfähig", sagt er. "Ausgenommen mit der PDS." Auch Parteichef Ingo Egloff will nichts von wie auch immer gearteten Kooperationen mit der Linken wissen. Dadurch würde die Glaubwürdigkeit der SPD beschädigt, sagt er.

Der vor gut einem Jahr durch Intrigen und Stimmenklau gestürzte Ex-SPD-Chef Mathias Petersen bescheinigt Michael Naumann unterdessen einen "Bombenwahlkampf", räumt aber ein, dass das Ergebnis für die SPD zwar "gut, aber nicht zufriedenstellend" sei. Die SPD könne sich nicht als Siegerin fühlen, da sie ihr Ziel, eine rot-grüne Regierung zu bilden, nicht erreicht habe. Der SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Thomas Böwer wies auf die Frage nach Koalitionen darauf hin, dass man für die Abschaffung von Studien- und Kitagebühren und für Mindestlohn angetreten sei. Das sollte wohl heißen: Diese Forderungen wären mit der Linken umzusetzen, nicht aber mit der CDU. Man solle in der Politik nicht "nie" sagen, so Böwer.

Während man bei der SPD insgesamt ganz gut mit dem Ergebnis zurechtkommt, sind die auf ein einstelliges Ergebnis geschrumpften Grünen weniger gut gelaunt. Mit ernster Miene hastet GAL-Spitzenkandidatin Christa Goetsch um 18.50 Uhr die Treppen zum GAL-Hauptquartier im CCH hinauf. Kurz vor der Tür geht ein Ruck durch ihren Körper, Goetsch straffte sich, setzt eine Siegermiene auf. 25 Getreue applaudieren, als die Spitzenkandidatin einige wenige Worte an die wartenden Journalisten richtet. Immerhin sei es gelungen, Ole von Beusts absolute Mehrheit zu brechen, sagte sie, ansonsten sei das Ergebnis hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben. Ein Dank an die "Freunde" und der Hinweis, dass man sich ja noch sehen werde, dann rauschte sie weiter zu den nächsten Interviews. Dort betont sie, dass die inhaltlichen Übereinstimmungen zwischen GAL und CDU extrem gering seien, das gelte nach der Wahl genau wie vorher. Gerade die Debatte um ein mögliches schwarz-grünes Bündnis habe ihrer Partei geschadet, glaubt Goetsch. Gespräche mit der CDU über eine Koalition schließt die grüne Frontfrau denn doch nicht aus.