Zum zweiten Mal ist gestern vom russischen Weltraumbahnhof Plesetsk eine "Cosmos"-Trägerrakete mit einem deutschen Aufklärungssatelliten gestartet. Sie bringt den Satelliten "SAR-Lupe 2" ins All, wo er die Erde in einer Höhe von rund 500 Kilometern auf einer polaren Umlaufbahn umkreisen soll (SAR: Synthetic Aperture Radar, dt.: Radar mit einer synthetischen Bündelbreite).

Insgesamt fünf baugleiche Radar-Satelliten des Typs SAR-Lupe sollen bis Herbst 2008 ihre Aufklärungsarbeit aufnehmen. Ihre Aufgabe ist es, dem Kommando Strategische Aufklärung der Bundeswehr in Gelsdorf bei Bonn gestochen scharfe Bilder zu bieten. Sie sollen nicht nur der Spionage dienen, sondern auch Erkenntnisse über die Lage von Bundeswehr-Soldaten im Auslandseinsatz liefern, zur Krisenfrüherkennung beitragen und Informationen über Naturkatastrophen liefern. Dabei können sie wie eine Riesenlupe Objekte bis zu einem Meter Größe erkennen - also etwa der Größe eines Schäferhundes - und als hoch auflösende Radarbilder weitergeben. Bei einer Flughöhe von rund 500 Kilometern beeinträchtigen sie den Flugverkehr nicht und sind damit auch leichter in Konfliktregionen einsetzbar.

Entwickelt hat den Spionage-Satelliten das mittelständische Bremer Unternehmen OHB-System, das auch alle dieser Aufklärer baut und kalibriert, bevor sie der Nutzung durch die Bundeswehr übergeben werden. Jeder der SAR-Lupe-Satelliten wiegt rund 770 Kilogramm und hat eine Lebenserwartung von zehn Jahren. Größtes Bauteil ist jeweils der Spiegel, Radarreflektor genannt, mit einem Durchmesser von 3,5 mal drei Metern. Über den ausfahrbaren Arm werden die Signale von der Erde empfangen und auch wieder zurückgeschickt. Er ist wegen seiner Beweglichkeit auch die Achillesferse des Satelliten. Die Bodenkontrolle übernimmt die OHB-System AG. Zwar arbeiten die beiden im All befindlichen SAR-Lupen bereits. Aber für die lückenlose, wetterunabhängige und schnelle Aufklärung sind insgesamt fünf Satelliten nötig. Denn erst wenn alle fünf Lupen auf ihren Umlaufbahnen sind, können sie ein bestimmtes Objekt regelmäßig - im Schnitt etwa alle zehn Stunden - erfassen. Der nächste Start ist für den November geplant.

Das gesamte Projekt wird inklusive der Transporte ins All und zehnjähriger Nutzungszeit 317 Millionen Euro kosten. Die SAR-Lupen sind ein entscheidender Schritt zur Effektivierung und Modernisierung der Bundeswehr, aber auch ein Kernelement europäischer Aufklärung. Die Bundeswehr hatte sich schon 2002 mit Frankreich geeinigt: Die Franzosen dürfen die SAR-Lupen mit nutzen, die Deutschen das französische Helios-II-Aufklärungssystem. Die Zusammenarbeit bedeutet für die Bundeswehr zusätzliche Kosten von etwa 80 Millionen Euro.