Zahl junger Leute, die betrunken ins Krankenhaus eingeliefert wurden, stieg in vier Jahren von 12 035 auf 17 931.

BERLIN. Der Trend unter Jugendlichen, sich bis zum Umfallen zu betrinken, nimmt immer weiter zu. Mussten im Jahr 2000 noch 12 035 Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren sturzbetrunken im Krankenhaus behandelt werden, so waren es 2004 bereits 17 931. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen hatten bei ihrer Einweisung ins Krankenhaus mehr als zwei Promille Alkohol im Blut. Jetzt will die Bundesregierung mit einem bundesweiten Präventionsprogramm gegen das "Komasaufen" vorgehen.

Grundlage des Programms ist das Modellprojekt "Halt", das seit 2003 an elf Orten im Bundesgebiet erfolgreich läuft. Die Ergebnisse des Projekts zeigten, "dass wir nicht tatenlos zusehen müssen", sagte die Bundesdrogenbeauftragte Sabine Bätzung gestern in Berlin bei der Vorstellung des Präventionsprogramms. Ein Problem: Jugendliche kommen leicht an Alkohol.

Im "Halt"-Projekt werden Jugendlichen nach einer Alkoholvergiftung noch im Krankenhaus Gespräche, Kurse und Kurztherapien angeboten. Außerdem werden auf lokaler Ebene gezielt zum Beispiel Festbetreiber angesprochen, keinen Alkohol an Jugendliche unter 16 Jahren abzugeben, wie der Leiter der wissenschaftlichen Begleitung von "Halt", Michael Steiner, sagte.

Bundesweit hatten zuletzt mehrere Fälle von Jugendlichen unter 16 Jahren Aufsehen erregt, die nach Saufgelagen in lebensbedrohlichem Zustand behandelt werden mussten. Nach Ergebnissen aus dem "Halt"-Projekt ist jeder zweite Jugendliche, der wegen einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus kommt, unter 16 Jahre.

Legal dürfen Jugendliche erst ab 16 Bier und Wein kaufen und erst ab 18 Schnaps. Tatsächlich sagen aber 25 Prozent der Betroffenen, sie hätten den Alkohol selbst gekauft; zwei Drittel bekamen ihn von Freunden. Als Gründe für ihr Besäufnis gaben die Betroffenen Trinkspiele, Naivität, Langeweile, aber auch private Probleme an, wie Steiner berichtete. "Halt" sei "sehr effizient" und koste nicht viel Geld, sagte Steiner. Er führte als Erfolg an, dass beispielsweise am "Halt"-Standort Lörrach die Zahl der im Krankenhaus registrierten Alkoholvergiftungen von Jugendlichen von 56 auf etwa die Hälfte zurückgegangen sei.

Bätzing bezifferte die Kosten auf 360 Euro pro Fall. Der Bund hat bislang 1,9 Millionen Euro in das Programm und 200 000 Euro in die wissenschaftliche Auswertung gesteckt, wie Bätzing sagte. Allerdings will der Bund kein Geld für die Ausweitung des Programms geben und fordert stattdessen die Krankenkassen auf, Geld aus ihrem Präventionstopf dafür zur Verfügung zu stellen. Sie forderte auch, das Jugendschutzgesetz in den Kommunen besser durchzusetzen.