Eine betriebsinterne Studie zeigt: die deutschen Werke sind produktiver als die französischen.

Hamburg. Nach den massiven Protesten der Airbus-Beschäftigten will sich auch Bundeskanzlerin Merkel persönlich für die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie einsetzen. Bei einem Gespräch mit EADS-Chef Louis Gallois wolle Angela Merkel darauf drängen, dass die deutschen Standorte nicht überproportional belastet und wichtige Kompetenzen nach Frankreich verlagert werden, berichtet der "Spiegel". Das Gespräch soll noch vor dem 20. Februar stattfinden, an dem die Konzernführung von EADS ihren Sanierungsplan "Power 8" bekannt geben will.

"Unsere Werke sind gut"

Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Rüdiger Lütjen warnte unterdessen die Politik davor, EADS mit dem Entzug von Rüstungsaufträgen zu drohen. "Solche Drohgebärden sind fehl am Platz und machen auch keinen Sinn", sagte Lütjen dem "Abendblatt Sonntags". "Dadurch geraten nur weitere Arbeitsplätze in Gefahr." Wichtig sei es jetzt, geschlossen für den Erhalt aller Arbeitsplätze einzutreten. "Unsere deutschen Werke sind gut. Wir müssen uns mit unserer Produktivität und Effizienz nicht verstecken."

Die Einschätzung des Betriebsrates wird auch durch eine aktuelle unternehmensinterne Studie bestätigt. Nach einem Vergleich aller Airbus- Werke sind die deutschen Standorte sogar produktiver als die französischen, berichtet "Focus". Demnach zählen die beiden größten Standorte Bremen (Note: 3,23) und Hamburg (3,13) zu den besten Werken des Konzerns. Nur die britische Fabrik in Broughton rangiere in der Untersuchung, die als Grundlage des Sparprogramms "Power 8" erarbeitet worden sei, noch vor den beiden norddeutschen Werken, an erster Stelle mit der Note 3,28. Toulouse belegt in der Studie Platz 4 mit Note 2,95. Maximal war ein Wert von 5 erreichbar.

Beim Bremer Werk lobten die Prüfer laut "Focus" die gut organisierten Arbeitsbereiche als vorbildlich. Im Hamburger Werk halten die Mitarbeiter bei der Rumpfproduktion die zeitlichen Vorgaben am genauesten ein, bei der Endmontage seien die Produktionsabläufe besonders gut aufeinander abgestimmt. Zudem zeigten die dortigen Beschäftigten eine hohe Bereitschaft, die Arbeiten bei der Endmontage ständig zu verbessern, hieß es. Nordenham und Varel erreichten die Note 2,94, Stade 2,84 und Laupheim 2,70. Auf dem letzten Platz landete Buxtehude (2,40). Da an diesem Standort kaum produziert werde, sei ein Vergleich dieses Werkes aber schwierig.

Sorge um den Traumberuf

Lara Cohrs (17), lässt sich bei Airbus zur Verfahrensmechanikerin für Beschichtung ausbilden: "Für mich hängt meine ganze berufliche Zukunft an Airbus. Durch die Sparmaßnahmen habe ich große Angst, dass ich nach meiner Ausbildung nicht übernommen werde. Ich möchte mich aber nach der Lehrzeit weiterbilden, Ingenieurswissenschaft studieren und als Flugzeugkonstrukteurin arbeiten. Das ist mein absoluter Traumberuf."

Es gibt so viele Gerüchte

Philipp de Jong (24), Fluggerätemechaniker: "Ich arbeite in der Fertigung für die kleineren Airbus-Modelle vom Typ A320. Viele Kollegen fragen mich, wie es um die Arbeitsplätze steht und auf welche Veränderungen sie sich einstellen müssen. Doch alles, was es gibt, sind Gerüchte. Ich selbst würde sogar nach Frankreich gehen, wenn die Fertigung dorthin verlagert würde. Verstehen kann ich das aber nicht, denn wir machen einen guten Job."

Fehler in der Chefetage

Andreas Möller (48), Ausbilder in der Flugzeuglackierung: "Ich mache mir nicht nur Sorgen um meinen eigenen Arbeitsplatz, sondern auch um den meines Sohnes. Er arbeitet ebenfalls bei Airbus, die Begeisterung für Flugzeuge liegt in der Familie. Aus meiner Sicht sind in der Chefetage von Airbus viele Fehler gemacht worden, für die die Mitarbeiter nun zahlen müssen. Man greift sich immer das schwächste Glied in der Kette heraus."

Solidarität mit Kollegen

Thorsten Seemann (40), Glas- und Gebäudereiniger bei ISS Facility Services: "Ich arbeite für eine Fremdfirma, die bei Airbus unter anderem die Scheiben putzt. Wenn es dem Flugzeugbauer schlecht geht, geht es auch unserem Unternehmen schlecht. Deshalb möchte ich Solidarität mit den Airbus-Mitarbeitern zeigen. Unser Chef hat uns ausdrücklich dazu ermutigt, mitzudemonstrieren und gemeinsam mit Airbus für den Standort zu kämpfen."

Angst vor der Zukunft

Lothar Steinmeyer (36), Maler- und Lackierer: "Ich mache mir große Sorgen um meine Zukunft. Von unserem Chef, Herrn Puttfarcken, hätte ich mir mehr Informationen erwartet. Aber er hat sich noch immer nicht definitiv geäußert. Wir wollen endlich wissen, wie es mit unseren Arbeitsplätzen weitergeht. Zumindest der Betriebsrat redet Tacheles. Wenn man die Zahlen von dort hört, kann einem schon angst und bange werden."