BERLIN. Die Union ist auf Distanz zur Drohung des französischen Präsidenten Jaques Chirac gegangen, im Falle eines Terrorangriffs auf sein Land mit einem gezielten Atomschlag zu reagieren.

Der CDU-Außenpolitiker Andreas Schockenhoff verwies auf die laufenden Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, Länder wie den Iran davon abzubringen, Atomwaffen zu entwickeln. "Wir müssen diesen Ländern dabei glaubhaft machen, daß sich ihre Lage durch den Besitz von Kernwaffen nicht verbessern würde", sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende gestern in Berlin. "Ich glaube nicht, daß der Vorstoß von Chirac das geeignete Instrument ist, diese Debatte zu führen und den Druck auf den Iran zu erhöhen."

Gerade im Streit um das iranische Atomprogramm bemühe sich die Staatengemeinschaft, den politischen Druck zu erhöhen und eine Vertrauensbasis für eine neue Zusammenarbeit herzustellen.

Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, von Chirac die Rücknahme seiner Drohung zu verlangen. Grünen-Verteidigungsexperte Winfried Nachtwei bezeichnete den Vorstoß des französischen Präsidenten als abenteuerlich und unverantwortlich. Chirac ermuntere dadurch nur die so genannten Schurkenstaaten, sich durch Beschaffung eigener Atomwaffen unangreifbar zu machen, sagte Nachtwei der "Netzzeitung". "Die Bundesregierung muß darauf drängen, daß der französische Verbündete diese abenteuerliche Äußerung widerruft."

Die Außenexpertin der Grünen im Europaparlament, Angelika Beer, sieht Frankreichs Drohung mit Atomschlägen gegen Terrorstaaten als Völkerrechtsbruch. Der Einsatz von Atomwaffen gegen Terrorstaaten verstoße "gegen alle geltende völkerrechtlichen Verträge", sagte Beer der "Netzeitung" am Donnerstag. "Die Ankündigung eines Atomschlages in Verbindung mit der aktuellen Iran-Krise ist ein politischer Amoklauf, der jede friedliche Lösung noch unwahrscheinlicher macht."

Chiracs Äußerungen würden dazu führen, daß der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad "in seiner anti-westlichen Haltung noch mehr Unterstützung bekommen wird als bisher", sagte Beer.