Atomstreit: Indizien für geheime Urananreicherung - Teheran droht dem Westen. Uno-Atombehörde spricht von “wenigen Monaten“. Widersprüchliche Aussagen des BND.

BERLIN. Wie schnell wäre der Iran tatsächlich in der Lage, eine Atombombe zu bauen? Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO), Mohammed al-Baradei, glaubt, dafür seien nur einige wenige Monate nötig. Der Bundesnachrichtendienst (BND) rechnet nach Angaben aus Regierungskreisen damit, daß der Iran frühestens 2009 oder 2010 über eine Atombombe verfügen könnte. "Unsere Leute gehen von einem Szenario von mindestens drei bis vier Jahren aus. Auch unsere Verbündeten in Tel Aviv und in den USA glauben, daß es noch einige Jahre dauern wird", sagte ein mit Informationen des BND vertrauter Regierungsmitarbeiter Reuters.

Für Verwirrung hatte zuvor ein Bericht gesorgt, nachdem BND-Chef Ernst Uhrlau am Mittwoch abend im Auswärtigen Ausschuß ebenfalls die Meinung vertreten haben soll, der Iran sei nur noch einige Monate von einer Atombombe entfernt. Sein Sprecher dementierte dies gegenüber dem Abendblatt. Auf die Frage, ob die Baradei-Äußerungen zutreffen würden, sei vielmehr geantwortet worden, daß man dies nicht bestätigen könne. Man halte Zeitangaben für schwierig. Uhrlau sagte nach Angaben von Teilnehmern, es gebe Indizien für eine kleine geheime Urananreicherung im Iran. Das sei eine Erkenntnis der IAEO, gab der Abgeordnete Norman Paech von der Linkspartei Uhrlaus Aussagen wieder. Belege für die Existenz einer ausschließlich der Produktion von Atomwaffen dienenden Einrichtung gebe es nicht. FDP-Außenexperte Werner Hoyer zeigte sich gegenüber der "Welt" dennoch besorgt. Uhrlau habe "außerordentlich beunruhigende Informationen vorgetragen. Danach ist im Iran eine gewaltige Veränderungsentwicklung im Gange".

Der Iran, den die USA, die EU und andere Staaten verdächtigen, Atombomben zu bauen, hatte am 10. Januar eine mehrjährige Pause in der Kernforschung beendet und damit den Streit mit der internationalen Gemeinschaft eskalieren lassen. Deutschland, Großbritannien und Frankreich brachen daraufhin ihre Verhandlungen mit dem Land ab und wollen nun den Uno-Sicherheitsrat einschalten, der Sanktionen verhängen kann. Die USA halten sich eine militärische Option offen. Der Iran hat versichert, sein Atomprogramm diene ausschließlich zivilen Zwecken und vor der Anrufung des Sicherheitsrats gewarnt. Sollte es zu wirtschaftlichen Sanktionen kommen, drohte der Iran gestern erneut damit, den Ölhahn zuzudrehen. Dann werde es "zu einer Krise im Ölsektor und vor allem zu einem Preisanstieg kommen", sagte Ölminister Dschafari.