Hamburg. Die deutschen Politiker tun sich schwer mit der Regierungsbildung. Vielleicht wenden sie bei ihren zahlreichen Sondierungsgesprächen ja die falschen Methoden an. Dabei bieten Ideen aus der ganzen Welt Lösungen dieses Problems. Scheinbar wichtigster Diskussionspunkt: die K-Frage. Braucht Deutschland aber überhaupt einen Kanzler? Es geht auch anders:

Der Stamm der Huaorani (sprich: "Wao-Rani") am Oberlauf des Amazonas (im Osten Ecuadors) kennt keinen klassischen Häuptling. Führerschaft gibt es nur temporär für eine bestimmte Aufgabe; ist diese Aufgabe gelöst, erlischt auch die Führerschaft. So steht immer die dafür fähigste Person an der Spitze. Bei der Vielfalt der in Deutschland zu bewältigenden Aufgaben würden jedoch stetig viele unserer Häuptlinge nebeneinanderstehen. Der Streit wäre nicht beigelegt. Es muß also eine einzelne Führungsperson gefunden werden.

Wie diese ermittelt werden könnte, wird uns von den Papua in Neuguinea vorgelebt. Bei einigen Papuagruppen gibt es ein Rangsystem mit mehreren Stufen. Der Rang kann durch Geschenke an Stammesmitglieder erkauft werden. So kann jeder seiner Stimme Gewicht verleihen und seine Meinung durchsetzen. Unsere Politiker könnten sich durch gegenseitige Geschenke für die jeweiligen politischen Ziele gnädig stimmen. Allerdings stünde so der Bestechung Tür und Tor offen.

Also müssen tatsächlich Sondierungsgespräche geführt werden. Hierzulande treffen sich die Spitzenleute der Parteien für ein Ergebnis so lange und so oft, wie sie wünschen. Ist dies der Fehler?

Das Konklave im Vatikan zur Wahl eines neuen Papstes ist zum Beispiel eine einmalige Angelegenheit. Die Kardinäle werden in der Sixtinischen Kapelle ohne Kontakt zur Außenwelt eingeschlossen. Hinaus dürfen sie erst, wenn sie zu einer Entscheidung gekommen sind. Man könnte die Entschlußfreudigkeit durch einen Ausschluß von der Öffentlichkeit also erhöhen. Ohne tägliches Medienbad kämen sie schneller zu einem Ergebnis.

Aber wo sollten die Regierungswilligen eingeschlossen werden? Die Antwort findet sich bei einem der letzten Naturvölker Afrikas, den Dogon in Mali. Diese haben in jedem Dorf eine Toguna, wo sich die Alten zur real existierenden Palaver-Demokratie versammeln. Das dicke Strohdach dieser Hütte erhebt sich kaum hüfthoch über der Erde. Es kann also nur gehockt werden. Nie gibt es Streit, nur Besonnenheit, denn wer ärgerlich aufspringen will, stößt sich den Kopf. Durch diese unbequeme, demutsvolle Haltung wird garantiert, daß sich jeder um eine möglichst rasche Entscheidungsfindung bemüht.

Verhandlungen sollten also unter Verschluß in einem Raum mit nur hüfthoher Decke stattfinden. Sicher wäre Deutschland so sehr bald wieder ein fähige Regierung vergönnt.

Ein guter Rat für die Verhandlungsführer noch aus Kenia: Debe tupu haliachi kuvuma - Ein leerer Topf macht den meisten Lärm.