BERLIN. Bei ihrer ersten Sitzung hat die Bundestagsfraktion der Linkspartei Gregor Gysi und Oskar Lafontaine am Freitag zu gleichberechtigten Vorsitzenden gewählt. Gysi erhielt bei der Abstimmung im Berliner Reichstag nach Angaben einer Abgeordneten 50 der 54 Stimmen, Lafontaine 51.

Gysi erhielt bei der Sitzung im Reichstag nach Angaben der Abgeordneten Kerstin Naumann eine Zustimmung von 92,6 Prozent, Lafontaine von 94,4 Prozent bei zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung. Auch über den Namen der Fraktion wurde abgestimmt. Das Ergebnis: Die Linke.

Gysi sagte nach der Wahl: "Wir haben eine ganz neue Verantwortung, und wir dürfen unsere Ostkompetenz nicht aufgeben, obwohl wir so viele Abgeordnete aus dem Westen haben". Lafontaine sagte, die Linke müsse im Westen zu einer ordentlichen Kraft und stark werden.

Die Fraktion betonte, nur mit einer gewendeten SPD regieren zu wollen. Lafontaine wies vor Journalisten die Darstellung als falsch zurück, die Linkspartei wolle nur opponieren. "Die Linke will mitregieren auf der Grundlage einer klar definierten Politik", sagte der frühere SPD-Chef. Wenn es eine derartige Politik nicht gebe, werde seine Partei auf eine Teilhabe an der Macht verzichten.

Wenn die SPD ihre Sozial-, Steuer- und Außenpolitik ändere, sei die Linke zur Zusammenarbeit bereit. "Die SPD kann nicht ewig zweite Union bleiben", hatte Gysi in der Fraktionssitzung gesagt. Die SPD müsse wieder sozialdemokratisch werden. Gysi und Lafontaine bezeichneten den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, über dessen Verlängerung noch der alte Bundestag abstimmen muß, als Beteiligung an einem völkerrechtswidrigen Krieg. Dem werde man nicht zustimmen.

Die Linkspartei hat es abgelehnt, ein rot-grünes Bündnis zu unterstützen. SPD und Grünen ihrerseits wollen nicht mit den Linken zusammenarbeiten. Alle drei Parteien zusammen hatten 51,1 Prozent der Stimmen erhalten.

Gysi und Lafontaine schlossen aus, daß Mitglieder ihrer Fraktion Schröder bei der Kanzlerwahl etwa im dritten Durchgang die Stimme geben könnten. "Es gab niemanden, der erklärt hat, ihn wählen zu wollen", sagte Gysi dazu. Auch sei weder ihm noch Lafontaine etwas von Anfragen aus der SPD bekannt, Schröder mitzuwählen.