Berlin. Das Gesetz zur Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II (ALG II) wurde am 19. Dezember 2003 einvernehmlich vom unionsdominierten Bundesrat verabschiedet. Noch am selben Tag beschloss auch der Bundestag mit großer Mehrheit von SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP das Hartz-IV-Gesetz. Dagegen stimmten nur 16 Abgeordnete - je sechs von SPD und Grünen sowie je zwei CDU- und PDS-Abgeordnete. In der Koalition waren vor allem die auf Druck der Union verschärften Zumutbarkeitsregelungen für Langzeitarbeitslose umstritten.

Knapp acht Monate später werfen Unions- und FDP-Politiker der Koalition angesichts der heftigen Proteste "handwerkliche Fehler" vor. Rot-Grün hält dagegen, die Opposition habe schärfere Regelungen durchgesetzt beziehungsweise angestrebt.

Die Union hatte sich vor der Verabschiedung der Reformpläne für das von Hessen eingebrachte Existenzgrundlagengesetz (EGG) als Alternative stark gemacht. Dessen Kern war die Kommunalisierung der Arbeitsmarktpolitik. Grundsatz war unter anderem, dass eine staatliche Hilfeleistung nicht um ihrer selbst willen gewährt werde, sondern immer das Ziel habe, Hilfeempfänger zu befähigen, selbstständig zu leben.

Mit dem EGG wollten CDU/CSU einen staatlich geförderten Niedriglohnsektor einrichten. Langzeitarbeitslose sollten zur Annahme kommunaler Beschäftigungsangebote verpflichtet werden. Arbeitsverweigerung sollte schärfer sanktioniert werden. Das Konzept lief aus Sicht von Kritikern auf einen Arbeitszwang hinaus. Durchgesetzt hat sich die Union mit der Forderung, dass Langzeitarbeitslosen jede legale Arbeit zumutbar ist, unabhängig davon, ob ein tarifliches oder ortsübliches Entgelt gezahlt wird.

Die Opposition machte sich auch für eine schärfere Sozialgesetzgebung stark. Bei längerer Arbeitslosigkeit sollten Eltern und Kinder grundsätzlich gegenseitig unterhaltspflichtig sein. Rentenversicherung für Hilfeempfänger war im EGG nicht vorgesehen.

Bei der besonders umstrittenen Anrechnung von Vermögen - etwa Sparbüchern von Kindern - lagen Rot-Grün und Union nicht weit auseinander. Die Opposition forderte seinerzeit keine besondere Schonung von Vermögen zur Altersversorgung. Im EGG heißt es: "Um das Einkommen der Antrag stellenden Person ermitteln zu können, hat sie sich umfassend zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen zu erklären."