Vivento: In der Telekom-Auffanggesellschaft sind 20 000 Mitarbeiter “geparkt“, die auf Beschäftigung warten und ihre vollen Bezüge erhalten

Hamburg. Dem Ministerpräsidenten von Brandenburg, Matthias Platzeck (SPD), blieb "die Spucke weg", wie er empört zu Protokoll gab. Kurz zuvor hatte er Kunde bekommen von der Absicht der Bundesanstalt für Arbeit (BA), rund 800 Mitarbeiter der Telekom-Auffanggesellschaft Vivento in den Osten zu schicken in Sachen Arbeitslosengeld II. "Wir haben hier selbst genügend qualifiziertes Personal, das diese Aufgaben übernehmen kann", schimpfte Platzeck. Das zuständige Wirtschaftsministerium knickte ein und empfahl der BA, doch erst mal mit Ost-Personal zu versuchen, die Beratung zu den Hartz-IV-Anträgen zu bewältigen. Die BA jedoch will am Einsatz der früheren Telekom-Beamten festhalten. Immerhin seien die schon geschult worden. Erst nach dem 30. Juni 2005 - bis dahin sind die Verträge der Vivento-Leute befristet - werde man auf Ost-Mitarbeiter zurückgreifen.

Das Vorgehen der BA traf auf wenig Gegenliebe. "Ich halte das für instinktlos", sagte der Haushaltsexperte der Unionsfraktion, Dietrich Austermann, dem Abendblatt. "Es gibt im Osten genug Personal, das diese Aufgaben übernehmen kann." "Diskriminierend" nennt es der FDP-Arbeitsmarktexperte Dirk Niebel, dass die Vivento-Mitarbeiter sogar eine Prämie für ihren Ausflug in die Ostländer bekommen - man spricht inzwischen schon von einer "Buschzulage".

Der Streit um den Einsatz der 800 Fachkräfte der Telekom hat freilich dem Telefon-Unternehmen aus Bonn nun eine Debatte über die hauseigene Auffanggesellschaft Vivento eingebrockt. Die wurde im Herbst 2002 gegründet, um jene Mitarbeiter weiterzuvermitteln, die die Telekom aus der Firma raus haben will. Bis jetzt wurden rund 26 000 zu Vivento "transferiert", wie der Telekom-Geschäftsbericht 2003 es ausdrückt. Etwas mehr als 5000 wurden in neue Jobs vermittelt. Der Rest, rund 20 000 Mitarbeiter, wartet in der Auffanggesellschaft auf eine Beschäftigung - zumeist vergebens, wie Frank Weigand, Sprecher der Kommunikations-Gewerkschaft DVP, berichtet. "10 000 haben gar nichts zu tun. Der Rest wird konzernintern beschäftigt. Meist in Urlaubsphasen, wenn Lücken entstehen." Pikant ist, dass von den 20 000 Vivento-Leuten rund 10 000 frühere Beamte der Bundespost sind. Und die müssen nach dem Gesetz entsprechend eingesetzt werden. "Das passiert aber nicht", sagt Weigand. "Fast alle sitzen bei voller Bezahlung zu Hause herum und sind von der Telekom zum Nichtstun verurteilt."

Die Belegschaft hatte deshalb den Namen Vivento schon zu "Wie wenn tot" verballhornt. Inzwischen wird das für die Telekom zum ernsthaften Problem. Denn der Plan war ja ursprünglich ein anderer: Die aus der Telekom ausgelagerten Mitarbeiter werden über Vivento weiterverliehen und bringen dem Konzern Geld in die Kasse. Weil aber der Vermittlungserfolg ausbleibt, werden nun Fragen nach den Kosten gestellt. Nach einem Bericht des "Stern" sind allein im Januar und Februar Verluste von 130 Millionen Euro aufgelaufen - und die Politik fragt sich, was die Beamten kosten.