Verfahren: Eine nicht besetzte Lehrstelle kann 285 Euro kosten - und die Verwaltung der Regelung 40 bis 70 Millionen Euro.

Berlin. Nur noch 23 Prozent der etwa 2,1 Millionen Betriebe in Deutschland bilden Lehrlinge aus. Seit Jahren nimmt die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze kontinuierlich ab. Im Jahr 2000 gab es noch 564 379 Ausbildungsplätze, 2003 waren es nur noch 499 717 (zuzüglich öffentlich geförderter Plätze waren es 564 500). Insgesamt waren im September 2003 noch 35 000 Jugendliche unversorgt, während gleichzeitig noch 15 000 offene Stellen gemeldet waren. Künftig will Rot-Grün Ausbildungslücken per Ausbildungsplatzabgabe, manche sprechen von einer Ausbildungsplatzumlage, schließen. Hier die Kernpunkte des Vorhabens:

Ob die Abgabe erhoben wird, soll jährlich auf der Grundlage der Lehrstellensituation zum 30. September entschieden werden. Der Bundesagentur für Arbeit müssen zu diesem Stichtag mindestens 15 Prozent mehr offene Ausbildungsplätze gemeldet sein als es unvermittelte Bewerber gibt. Wird dieser Prozentsatz unterschritten und ist keine kurzfristige Besserung der Lage zu erwarten, soll das Bundeskabinett das Gesetz aktivieren, also die Erhebung der Abgabe anordnen. Tarifliche Regelungen zur Sicherung einer hinreichenden Zahl von Ausbildungsplätzen sollen Vorrang vor der gesetzlichen Regelung haben. Die Tarifparteien müssen dann die Freistellung von der Abgabe beantragen.

Zahlen sollen die Abgabe Firmen, die - gemessen an der Zahl ihrer Arbeiter und Angestellten - keine Ausbildungsquote von sieben Prozent erreichen. Gelten soll das nur für private und öffentliche Arbeitgeber mit mehr als zehn Beschäftigten. Damit fallen gut 82 Prozent aller Betriebe nicht unter die Regelung. Auch in Härtefällen, etwa bei drohender Insolvenz, kann eine Befreiung gewährt werden.

Die Höhe der Abgabe ist von mehreren Faktoren abhängig - von der Anzahl der durchschnittlich sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, von der erforderlichen Zahl zusätzlicher Ausbildungsplätze und auch von einem Ausgleichsfaktor. Bei einem Gesamtbedarf von beispielsweise 50 000 zusätzlich benötigten Ausbildungsplätzen wird für einen Betrieb ohne Ausbildungsplätze ein Pro-Kopf-Abgabebetrag für jeden fehlenden Platz von rund 285 Euro erwartet. Da vorhandene Ausbildungsplätze angerechnet werden, fällt die Abgabe für Betriebe, die zwar ausbilden, aber die geforderte Quote nicht erreichen, geringer aus. Die genaue Summe soll nach einem komplizierten Verfahren berechnet werden. Für größere Betriebe könnten mehrere 100 000 Euro fällig werden. Auf der Grundlage der jüngsten Ausbildungsplatzlücke ergibt sich ein Gesamtvolumen von etwa 2,6 Milliarden Euro.

Das Geld soll durch einen Bundesausbildungssicherungsfonds beim Bundesverwaltungsamt in Köln verwaltet werden. Dort sollen zeitweise 500 Mitarbeiter mit der Erhebung und Verwaltung beschäftigt sein. Nach Schätzung des Bildungsministeriums dürfte der Verwaltungsaufwand zwischen 40 und 70 Millionen Euro liegen.

Mit den Fondsmitteln sollen vorrangig zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze in Unternehmen gefördert werden, die bereits ohne die Förderung eine Ausbildungsquote von sieben Prozent erreichen. Wenn sie über die Quote hinaus ausbilden oder zusätzliche Ausbildungsplätze schaffen, sollen sie ihre Bruttokosten erstattet bekommen - maximal 7500 Euro pro Jahr und Ausbildungsplatz. Nachrangig können auch Betriebe berücksichtigt werden, die nicht diese Ausbildungsquote erreichen. Nur wenn danach noch Geld übrig bleibt, können auch überbetriebliche Ausbildungsplätze gefördert werden. Ein Leistungsausgleich soll zudem Unternehmen entlasten, die über die Sieben-Prozent-Quote hinaus ausbilden.