Vertriebenen-Präsidentin soll doch noch Sitz im Stiftungsrat bekommen. Grünen-Chefin Claudia Roth kritisiert: “Das ist verantwortungslos.“

Berlin/Bad Staffelstein. Die CSU entfacht den Streit um die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach aufs Neue. Die Partei will durchsetzen, dass die Forderung nach einem Sitz für Steinbach im Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibungen in das gemeinsame Wahlprogramm mit der CDU aufgenommen wird. Das bestätigte ein Sprecher dem Hamburger Abendblatt. Zuvor hatte die "Süddeutsche Zeitung" CSU-Chef Horst Seehofer mit den Worten zitiert, er werde "dafür sorgen", dass es so kommt. Steinbach war auf der Klausurtagung der Christsozialen im Kloster Banz Gast des Parteivorstands.

Scharfe Kritik an diesem Kurs kam von den Grünen. "Seehofer schreckt vor überhaupt nichts mehr zurück", sagte die Bundesvorsitzende Claudia Roth dem Hamburger Abendblatt. "Bewusst nimmt er eine erhebliche Schädigung der deutsch-polnischen Beziehungen in Kauf, wenn er ausgerechnet mit einem Sitz für Erika Steinbach im Zentrum für Vertreibung Wahlkampf machen will." Roth weiter: "Das sensible und für Deutschland und Europa so wichtige deutsch-polnische Verhältnis juckt ihn offensichtlich in keinster Weise."

Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel hatte Steinbach nach massiver Kritik aus Polen und vonseiten der SPD nahegelegt, auf den Sitz im Stiftungsrat zunächst zu verzichten. Steinbach wird in Polen als Ewiggestrige verunglimpft, die die Geschichte umschreiben will. Zuletzt hatte eine Umfrage ergeben, dass sie neben dem russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin die am meisten gefürchtete ausländische Politikerin in Polen ist.

Die SPD hatte damit gedroht, der Personalie im Kabinett nicht zuzustimmen, was das gesamte Projekt einer Gedenkstätte für die Vertriebenen gefährdet hätte.

Der CSU-Chef bekräftigte zum Ende der Tagung: "Wir werden alles dafür tun, dass die Vertriebenen ihren Sitz im Beirat selbst bestimmen können." Roth kritisierte: "Damit verabschiedet sich Seehofer endgültig von einer verantwortlichen Politik und zeigt, dass er nicht mehr in der Lage ist, über den engen CSU-Tellerrand hinauszublicken. Wenn das die europäischen Visionen der CSU sind, dann gute Nacht!"

Die Christsozialen hatten sich getroffen, um Leitlinien für den Europa- und Bundestagswahlkampf zu entwickeln. So will die Partei ungeachtet der Skepsis in der Schwesterpartei mit der Forderung nach massiven Steuersenkungen in den Bundestagswahlkampf ziehen. Einstimmig beschloss der CSU-Vorstand ein Steuerkonzept unter dem Motto "Mehr Netto für alle". Im Europawahlkampf will die bayerische Unionspartei mit dem Ruf nach Volksabstimmungen über neue EU-Mitglieder und weniger Kompetenzen für Brüssel punkten.

Seehofer sagte, es herrsche "totale Einhelligkeit" bei allen wesentlichen Themen. Mit den gesundheits-, steuer- und europapolitischen Programmen habe die CSU "jetzt die programmatische Festigung abgeschlossen". Als zweiten CSU-Ehrenvorsitzenden neben Edmund Stoiber nominierte der Vorstand einstimmig den früheren Parteichef und Bundesfinanzminister Theo Waigel. "Das Tandem wird gut wirken", sagte Seehofer. Zu Waigels bevorstehendem 70. Geburtstag sei diese Ehrung an der Zeit.