Heute verabschiedet die CDU in Berlin ihr Programm zur Europawahl. Gelegenheit zum Schulterschluss, Gelegenheit, Optimismus zu verbreiten. Bilder von der Kanzlerin.

Berlin. Angesichts der anhaltenden Meinungsverschiedenheiten in den Unionsparteien hat CSU-Chef Horst Seehofer am Wochenende etwas eingelenkt. "Wir haben eine gute und starke Kanzlerin", sagte Seehofer im Interview mit "Bild am Sonntag". Auf die Frage, wo er sein Verhältnis zur Bundeskanzlerin auf einer Skala zwischen eins und zehn einordne, antwortete er jovial: "Da liegen wir bei neun bis zehn. Angela Merkel und ich pflegen einen sehr engen persönlichen Kontakt, stimmen uns politisch in allen wichtigen Fragen ab."

Diesen Eindruck haben seit Jahresanfang allerdings wohl nur die wenigsten gehabt. Egal ob es um Einkommenssteuersenkungen ging, um den Gesundheitsfonds oder Managergehälter - ständig versuchte Seehofers CSU, sich von der CDU abzusetzen. Jetzt geht es um die Mehrwertsteuer. Seehofer hat angekündigt, in dieser Woche eine Bundesrats-Initiative zur Mehrwertsteuersenkung im Dienstleistungssektor zu starten, obwohl die Kanzlerin dieser Forderung bereits eine Absage erteilt hat.

Während CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla dazu am Wochenende erklärte, der bayerische Löwe brülle nun seit 60 Jahren, und in der CDU wisse man damit umzugehen, gab sich Merkel selbst im Interview mit dem Deutschlandfunk konzilianter. Die Suche nach Kompromissen, sagte sie mit Blick auf die Unionsflügel, sei Teil der Politik. Zu den Angriffen aus der bayerischen Schwesterpartei sagte sie: "Es ist eine lange Tradition, dass CDU und CSU sich auch aneinander reiben." In den entscheidenden Punkten werde man aber gemeinsam vorangehen. Rückendeckung wurde der CDU-Vorsitzenden durch zwei ihrer Stellvertreter zuteil. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers meinte, es müsse Schluss sein mit dem "Gemäkel" an der Kanzlerin, und sein hessischer Kollege Roland Koch bemerkte: "Sie ist die, mit der wir die Bundestagswahl gewinnen können, und sie hat auch Anspruch darauf, dass wir uns so benehmen." Die Vizechefin der Jungen Gruppe in der Unionsfraktion, Julia Klöckner, empfahl Angela Merkel, Ruhe zu bewahren. Klöckner räumte Kommunikationsprobleme im Fall der Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach ein: "Vielleicht hätte man es etwas anders herüberbringen können." Einige Unions-Politiker hatten moniert, dass Merkel sich im Streit über die Besetzung des Vertriebenen-Stiftungsrats erst spät hinter Steinbach gestellt habe. Diesen Eindruck will Merkel in dieser Woche korrigieren. Sie wird den Vertriebenen am Dienstag und Mittwoch gleich zweimal ihre Aufwartung machen.

Heute trifft die CDU in Berlin zusammen, um ihr Programm zur Europawahl zu verabschieden. Gelegenheit, Optimismus zu verbreiten, Gelegenheit zum Schulterschluss. Am Wochenende hatte man die Kanzlerin ja erstmals wieder entspannter lächeln sehen. Allerdings nicht in Berlin, sondern in London, wo sie im Vorfeld des G20-Gipfels mit Premier Gordon Brown zusammengetroffen war. Dabei reißen die schlechten Nachrichten nicht ab: Gestern hat der CDU-Rentenexperte Peter Weiß erklärt, dass die für 2011 geplante Senkung des Rentenversicherungsbeitrags von 19,9 auf 19,2 Prozent wohl mindestens bis 2015 verschoben werden müsse.