Sobald sie heiraten und Kinder bekommen, ist für viele Frauen in Deutschland der Karrierezug abgefahren. Dafür sind in Unternehmen 70 Prozent der Führungspositionen mit Männern besetzt. Zur Lage der Frauen in Deutschland ein Blick in die Statistik.

Hamburg. Alles ist möglich. Grundsätzlich. Frauen fliegen ins Weltall und dürfen seit 90 Jahren auch zur Wahlurne gehen. Sie bekommen Nobelpreise und haben Männer, die sich um Haushalt und Kinder kümmern. Große Klasse, leider nur in kleinen Dosen.

Und es geht nur im Schneckentempo voran, obwohl in Deutschland seit den 1960er-Jahren um Gleichberechtigung gerungen wird, Gesetze verabschiedet, Quoten vereinbart und Absichtserklärungen gegeben werden. Und viele glauben schon, es sei alles erreicht. Am 8. März, dem internationalen Frauentag seit 1911, wird wieder Bilanz gezogen.

Ein altes Thema ist in diesem Jahr neu aufgelegt: der Lohnabstand zwischen Männern und Frauen. "Weniger Geld und Karrierechancen für Frauen", lautet das Fazit einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Die Gerechtigkeitslücke klafft nicht nur zwischen Arm und Reich, sondern ebenso zwischen den Geschlechtern. Welchen Grund gibt es, dass Frauen im Durchschnitt 23 Prozent weniger Geld bekommen als die Männer, wo sie doch die gleiche Arbeit tun? "Es gibt keinen Grund, dass sich das so bald ändert", heißt es in dem Böckler-Papier.

Dabei stehen alle Türen offen für die rund 333 000 Mädchen, die jedes Jahr in Deutschland geboren werden. Viele werden ihre Ausbildung mit Bravour absolvieren und ins Berufsleben einsteigen. Bis dann - statistisch gesehen - das verflixte 30. Jahr kommt. Da stehen sie vor der entscheidenden Frage, ob sie Kinder bekommen wollen und wie das mit ihrer Berufstätigkeit vereinbar ist. Natürlich geht vieles, aber noch allzu oft um den Preis, dass Frauen den Anschluss in ihrem Beruf für immer verpassen. Sie arbeiten Teilzeit, sie kommen nicht weiter, sie verdienen weniger, sie haben am Ende eine niedrigere Rente. Das Alter in Deutschland ist hauptsächlich weiblich und arm.

"Mehr als die Hälfte der top ausgebildeten jungen Menschen in Deutschland sind Frauen, doch kaum eine kommt oben an", diagnostiziert der Personalberater Heiner Thorborg. Woran liegt das? Erst eine Frau hat es im vergangenen Herbst in den Vorstand eines der 30 DAX-Unternehmen geschafft: die Schweizerin Barbara Kux (54) bei Siemens. Ansonsten sind 70 Prozent der Führungspositionen in Deutschland von Männern besetzt. Allerdings trauen ihnen viele Bundesbürger bei der derzeitigen Krisenbewältigung weniger zu als den Frauen. In einer Umfrage von Infratest dimap meinen 50 Prozent, dass sie auf die Frauen setzen, nur 17 Prozent glauben an die Fähigkeit der Männer. Nicht nur da bleibt weibliches Potenzial ungenutzt.