Der Druck auf das Präsidium des Bundes der Vertriebenen (BdV) war zu groß: Die Verbandsspitze zieht die Nominierung seiner Präsidentin Erika Steinbach für den Stiftungsrat des in Berlin geplanten Vertriebenenzentrums zurück. Die für Steinbach vorgesehene Position soll nun „demonstrativ unbesetzt“ bleiben.

Berlin. Nach langem Streit zwischen Deutschland und Polen über die Besetzung des Stiftungsrates für das geplante Zentrum gegen Vertreibungen verzichtet der Bundesverband der Vertriebenen (BdV) auf eine Nominierung seiner umstrittenen Präsidentin Erika Steinbach. Man wolle "nicht der billige Vorwand dafür sein, das Stiftungsgesetz nicht in die Tat umzusetzen und so die Stiftung auf den letzten Metern noch zu verhindern", teilte die Organisation auf ihrer Internetseite mit.

Das BdV-Präsidium werde die für Steinbach vorgesehene Position "demonstrativ unbesetzt lassen, um deutlich zu machen, dass es sich sein originäres Besetzungsrecht von niemandem vorschreiben lässt - weder von der SPD noch von sonst jemandem", hieß es weiter. Alle Argumente gegen Steinbach seien "an den Haaren herbeigezogen und nicht stichhaltig". Allerdings solle die Bundesstiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" möglichst bald ihre Arbeit aufnehmen. Um das zu erreichen, wolle der BdV "die nicht durch uns verursachte Blockade auflösen".

Der polnische Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski begrüßte die Entscheidung. "Das ist eine gute Nachricht für Polen und ein sehr gutes Omen für die künftigen polnisch-deutschen Beziehungen", wurde Komorowski von der polnischen Nachrichtenagentur PAP zitiert. Steinbach sei für Polen nicht tragbar gewesen, weil sie "einen extrem radikalen und einseitigen deutschen Standpunkt zur Geschichte der polnisch-deutschen Verbindungen" vertrete. So habe sie den 1989 geschlossenen deutsch-polnischen Vertrag über die Unverletzlichkeit der beiderseitigen Grenzen und den Verzicht auf gegenseitige Gebietsansprüche nicht anerkannt.

Steinbach wird in Polen schon seit langem des Revisionismus bezichtigt. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatte erst am Freitag vergangener Woche in Hamburg mit Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber gesprochen. Danach hatte Tusk erklärt, er rechne mit einer baldigen Lösung. Die Causa Steinbach sei ein "deutsches Dilemma". Doch seien die Polen sehr empfindlich, wenn es um die Verteidigung der Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg geht." Auch SPD und Grüne verlangten eine Entscheidung gegen Steinbach.

Die BdV-Spitze hatte Steinbach Mitte Februar für den Beirat der Stiftung nominiert, unter deren Dach das Vertriebenenzentrum in Berlin entstehen soll. Das hatte heftige Protesten in Polen ausgelöst. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Steinbach wird im Nachbarland auch dafür kritisiert, dass sie sich gegen den EU-Beitritt Polens aussprach und Entschädigungsforderungen deutscher Vertriebener aus polnischer Sicht keine deutliche Absage erteilt.

Noch am Dienstag hatte Steinbach erklärt, dass das BdV-Präsidium am 18. März abschließend über ihre Nominierung entscheiden solle. Zuvor hatte sie einen Rückzug von der Kandidatur nicht ausgeschlossen um Kanzlerin Merkel entgegenzukommen und Druck aus der Debatte zu nehmen. Über die Besetzung des Stiftungsrates entscheidet abschließend das Bundeskabinett.

Der Vertriebenenverband erwartet nach eigenen Angaben nun, dass die Bundesregierung "das Dokumentationszentrum in Berlin baldmöglichst realisiert". Nach dem seit Ende 2008 geltenden Gesetz über die "Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung" stehen dem BdV drei Sitze im 13-köpfigen Stiftungsrat zu.