Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder (29), will sich weiter mit dem Thema Hartz IV beschäftigen. Sozialverbände und sogar die Junge Union fordern ihn zur Mäßigung auf. Er sagt: “Mich bewegt das Schicksal vieler Kinder.“

Hamburg. Der Vorsitzende der Jungen Union, Philipp Mißfelder (29), lehnt eine Entschuldigung für seine umstrittenen Äußerungen zu Hartz-IV-Empfängern weiterhin ab. "Ich werde mich weiter mit diesem Thema beschäftigen", kündigte er in der "Bild am Sonntag" an. Außerdem verlangte Mißfelder, Leistungsempfängern statt Geld nur noch Gutscheine auszugeben.

Auf einer Parteiveranstaltung in Haltern (Nordrhein-Westfalen) hatte CDU-Präsidiumsmitglied Mißfelder die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze als einen "Anschub für die Tabak- und Spirituosenindustrie" bezeichnet. "Diese Diskussion mag manchem unbequem sein, muss aber dringend geführt werden", sagte Mißfelder später. "Mich bewegt das Schicksal vieler Kinder von Hartz-IV-Empfängern. Ich will, dass das Geld wirklich bei diesen Kindern ankommt", rechtfertigte er sein Vorgehen in der "Bild am Sonntag".

Auch aus den Reihen der Jungen Union wurde er wegen seiner Äußerungen zum Rücktritt aufgefordert, mindestens aber zu einer Entschuldigung. In den "Ruhr Nachrichten" räumte er lediglich ein, die Debatte sei "unglücklich gelaufen". Seine Äußerung zielte nach eigenen Angaben auf die Erhöhung des Hartz-IV-Kinderregelsatzes zum 1. Juli.

Nach Angaben der Deutschen Kinderhilfe leben in Deutschland 2,1 Millionen Kinder in Haushalten von Alkoholikern. Gerade in Hartz-IV-Familien sei ein großer Anteil der Eltern nikotin- und alkoholabhängig, sagte ihr Vorsitzender Georg Ehrmann der Online-Ausgabe der "Süddeutschen Zeitung".

Der JU-Vorsitzende von Mecklenburg- Vorpommern, Marc Reinhardt, forderte: "Es wird Zeit, dass wir diese sozialpolitische Debatte sachlich führen." Kinder und Jugendliche aus Hartz-IV-Familien bräuchten mehr Unterstützung. Der Präsident des Sozialverbands Deutschland, Adolf Bauer, bezeichnete Mißfelders Äußerungen als "unerträglich". "Der Vorschlag, Gutscheine an Hartz-IV-Empfänger auszugeben, stigmatisiert Langzeitarbeitslose und ist abzulehnen", sagte Bauer den "Ruhr Nachrichten".

Mißfelder erklärte, Gutscheine zur Finanzierung der Schulspeisung oder von Nachhilfeunterricht könnten Missbrauch verhindern. "Bisher ist es ja in Missbrauchsfällen so, dass die Kinder ohne Frühstück in die Schule oder in den Kindergarten kommen und das Jugendamt sagt: Da können wir leider nichts machen. Da kann man was machen!"

Das Erwerbslosen Forum Deutschland lud Mißfelder ein, einige Monate unter den Bedingungen von Hartz IV zu leben. "Nur dann hat er für uns das Recht, sich zu diesem Thema wieder zu äußern", sagte der Sprecher des Forums, Martin Behrsing.