Der neue Wirtschaftsminister spricht im Abendblatt-Interview über Schritte gegen die Rezession, Boni für Bankmanager und den Datenschutz-Gipfel.

Hamburg/Berlin. Hamburger Abendblatt:

Herr Minister, FDP und Grüne fordern Nachbesserungen am zweiten Konjunkturpaket. Inwieweit könnte die Regierungskoalition der Opposition entgegenkommen?

Karl-Theodor zu Guttenberg:

Das Paket insgesamt ist ein ausgewogener und tragfähiger Kompromiss. Darin entlasten wir die Bürger bei der Einkommenssteuer im Jahr 2009 um 3,1 Milliarden Euro und ab 2010 dann jährlich jeweils in Höhe von rund 6 Milliarden Euro. Darauf aufbauend müssen wir nachlegen. Der Fiskus hat rund 18 Milliarden Euro aus der kalten Progression für sich vereinnahmt, seit wir im Jahr 2005 zum letzten Mal den Steuertarif gesenkt haben. Das sind Spielräume, die wir zusammen mit einer klaren Ausgabenbegrenzung entschlossen nutzen müssen, um mit einer strukturellen Steuerreform in der nächsten Legislaturperiode Leistungsanreize und Kaufkraft zu stärken. Ich halte es nicht für sinnvoll, das Paket an einzelnen Stellen aufzuschnüren. Das würde die zügige Umsetzung gefährden, auf die es gerade bei einem Konjunkturpaket ankommt.



Abendblatt:

Welche Folgen hätte eine Blockade im Bundesrat?

Zu Guttenberg:

Eine Blockade durch den Bundesrat würde bedeuten, dass die Maßnahmen nicht wie geplant zügig greifen könnten. Und Schnelligkeit ist bei einem Konjunkturprogramm entscheidend für die Wirksamkeit. Weder würden die Mittel für Investitionen in den Kommunen bereitstehen, die ja überall schon geplant werden, noch könnte zum Beispiel die Umweltprämie für Kfz-Käufer ausgezahlt werden. Das hieße im Klartext, dass unsere entschlossenen Anstrengungen gegen den Abschwung unterlaufen würden. Noch verheerender wäre aber die psychologische Wirkung. Eine neuerliche Verunsicherung von Bürgern und Unternehmen ist das Letzte, das wir in der jetzigen Situation gebrauchen können. Auch die Länder, in denen FDP und Grüne mitregieren, können das letztlich nicht wollen. Ich setze auf deren Vernunft und staatsbürgerliche Verantwortung.



Abendblatt:

Die Bundesregierung bereitet ein Gesetz vor, das die Verstaatlichung der Münchner Immobilienbank Hypo Real Estate und die Enteignung ihrer bisherigen Besitzer ermöglicht. Darf es so weit kommen?

Zu Guttenberg:

Jede Lösung ist besser als eine sofortige Enteignung. Deswegen betone ich auch immer wieder, dass es nur die letzte Option - die Ultissima Ratio - sein kann, zu der man greifen sollte. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir mit dem überarbeiteten Finanzmarktstabilisierungsgesetz einen guten Rahmen schaffen werden, der eine schnelle, abgestufte und durchgreifende Lösung erlaubt. Alternative Modelle werden derzeit von meinem Haus geprüft.



Abendblatt:

Kanzlerin Merkel kritisiert, dass Millionen-Boni an Bankmanager für das Finanzkrisenjahr 2008 ausgeschüttet werden. Kommen jetzt schärfere Regelungen?

Zu Guttenberg:

Banken, die bestimmte Staatshilfen in Anspruch nehmen, müssen die Managervergütungen schon heute begrenzen und ihr Vergütungssystem auch unterhalb der Vorstandsebene überarbeiten. Die notwendigen gesetzlichen Instrumentarien sind somit vorhanden. Wir müssen diese Instrumentarien etwa im Rahmen der G20-Beratungen zur Ausarbeitung nachhaltiger Vergütungssysteme nutzen, damit Banker künftig nicht mehr für extrem kurzfristiges, risikobehaftetes Handeln mit zusätzlichen Bonuszahlungen belohnt werden.



Abendblatt:

Die Datenaffären bei Bahn und Telekom haben Deutschland aufgerüttelt. Wann wird die Überwachung von Arbeitnehmern gesetzlich verboten?

Zu Guttenberg:

Es gab am Montag ein gutes und konstruktives Gespräch beim Bundesminister des Innern. Wir haben vereinbart, dass ein bereichsspezifisches Datenschutzgesetz auf den Weg gebracht wird. Es wird zwar in dieser Legislaturperiode nicht mehr zum Abschluss gebracht werden können. Wichtig ist aber, dass jetzt richtige Weichenstellungen vorgenommen werden.



Abendblatt:

Sie haben selbst an dem Gipfel teilgenommen. War er wirklich ein Erfolg?

Zu Guttenberg:

Der Gipfel brachte eine grundsätzliche Verständigung über die Notwendigkeit einer speziellen gesetzlichen Regelung. Über die notwendige Regelungsdichte wird im Laufe der Erarbeitung des Regierungsentwurfs verantwortungsvoll zu beraten sein.