Hohe Erwartungen, wenig Konkretes: Nach 100 Tagen im Amt gilt Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner als verlängerter Arm Horst Seehofers in Berlin. Sie ist mit sich im Reinen.

Berlin. Die Erwartungen an Ilse Aigner waren hoch: Die Interessen der deutschen Bauern sollte die neue Bundesministerin in Brüssel verteidigen. Die Bedürfnisse der Verbraucher schützen und zugleich die Deutschen dazu bringen, sich bewusster zu ernähren. Was daraus geworden ist? Nach Ansicht der Opposition und von Verbraucherschutzorganisationen fast nichts.

Durch "Ideenlosigkeit" sei die Bayerin aufgefallen, urteilt Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn. Sie glänze "eher durch Worte als durch Taten", kommentiert die Linken-Verbraucherpolitikerin Karin Binder. Und der FDP-Agrarexperte Hans-Michael Goldmann fordert, Aigner solle sich von Horst Seehofers Politik lösen, der "in seiner Ministerzeit durch Nichtstun glänzte".

Die CSU-Politikerin selbst ist allerdings ganz zufrieden damit, wie sie die ersten 100 Tage hinter sich gebracht hat. Schließlich gab es durch Seehofers Wechsel ins Ministerpräsidentenamt nach Bayern keine lange Vorbereitungszeit für die neue Herausforderung. Und immer noch kämpft Aigner gegen das Image an, nur der verlängerte Arm Seehofers in Berlin zu sein.

Wo man den Ingolstädter schon gehörig verflucht hat. Weil Seehofer nicht entfernt so umgänglich ist wie sein Vorgänger, der glücklose Erwin Huber. In der CDU ist man besonders genervt. Dort fühlt sich man sich die Zeiten von Franz Josef Strauß erinnert, in denen die kleine Schwesterpartei gern quer geschossen hat, um auf sich aufmerksam zu machen.

Seit Seehofer in Bayern regiert, sieht man sich allerdings einer Art Dauerfeuer ausgesetzt. Erst drückte er der Erbschaftssteuer seinen Stempel auf, danach trotzte er der Großen Koalition beim zweiten Konjunkturpaket Steuererleichterungen ab, und schließlich ließ er das Umweltgesetzbuch scheitern.

Dazu gab es immer markige Worte. So wie am Freitag. Die Entscheidungen der Föderalismuskommission II kommentierte Seehofer mit dem Satz, "man" habe den Marsch in den Schuldenstaat gestoppt.

Immerhin hat der Bayer die Fantasie der Journalisten in seinen ersten 100 Tagen schon hübsch beflügelt. Für sie ist er der "Trommelwirbler", "Deutscher Meister im Blockieren" oder der "Regional-Querulant". Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen: Da wird sich noch einiges ansammeln.