Werner Thissen: Rehabilitierung eines Holocaust-Leugners war “eine schlechte Entscheidung“.

Hamburg. Papst Benedikt XVI. gerät innerhalb der katholischen Kirche immer stärker unter Druck. Eine Woche nach der Rehabilitierung des britischen Bischofs und HolocaustLeugners Richard Williamson hat der Protest die Deutsche Bischofskonferenz erreicht. Der Hamburger Erzbischof Werner Thissen übte offen Kritik am Vorgehen des Vatikans: "Einen Holocaust-Leugner zu rehabilitieren ist immer eine schlechte Entscheidung", sagte er dem Abendblatt. "Es hätte besser recherchiert werden müssen." Schon Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke hatte von "Schlamperei" gesprochen.

Mit der Ernennung des ultrakonservativen österreichischen Priesters Gerhard Maria Wagner zum neuen Weihbischof der Diözese Linz hatte der Papst am Wochenende Öl ins Feuer gegossen. Wagner hatte unter anderem mit der Äußerung, der Hurrikan "Katrina", der New Orleans verwüstet hatte, sei eine göttliche Strafe für eine unmoralische Stadt, heftige Kritik ausgelöst.

Hamburgs Erzbischof Thissen sieht schon jetzt einen Vertrauensverlust für die katholische Kirche. "Wir hoffen, wir können den Schaden aus der Welt schaffen." Er halte es für sicher, dass im Fall Williamson "nachgearbeitet" werden müsse.

Mit Gebhard Fürst ging am Wochenende noch ein weiteres Mitglied der Deutschen Bischofskonferenz auf Distanz zum Papst. Der Bischof von Rottenburg-Stuttgart erklärte: "Es belastet mich als Bischof und als Seelsorger, dass diese Vorgänge zur äußeren und inneren Entfremdung zahlreicher Gläubiger von der Kirche zu einem Vertrauensverlust besonders der jüdischen Schwestern und Brüder gegenüber der Kirche sowie zu einer erheblichen Störung des christlich-jüdischen Dialogs geführt haben."

Die wieder in die Kirche aufgenommenen Bischöfe der erzkonservativen Priesterbruderschaft St. Pius X. fordern eine Rückkehr zur lateinischen Messe und ein Ende des ökumenischen Dialogs mit anderen Religionen. Aus Protest gegen die Entscheidungen des Papstes hat der renommierte Theologe und Ethiker Jean-Pierre Wils seinen Austritt aus der katholischen Kirche erklärt. Er wolle nicht mehr "mit dem antimodernen, antipluralistischen und totalitären Geist dieser Kirche identifiziert werden".