Die Entscheidungen von Papst Benedikt XVI. rächen sich nun. Der katholischen Kirche laufen die Schäfchen davon. Auslöser ist Benedikts Verhalten im Fall der umstrittenen Pius-Bruderschaft und des Holocaust-Leugners Richard Williamson.

"Die Austrittswelle hat bereits eingesetzt", sagte der Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan, Eberhard von Gemmingen, der "Passauer Neuen Presse". Austreten könne man allerdings nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "In anderen Ländern ist dies gar nicht möglich, weil die Taufe nicht rückgängig gemacht werden kann", fügte der Pater hinzu.

Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Papst und den deutschen Katholiken sei "ein wenig lädiert", sagte Gemmingen weiter. Er geht alerdings davon aus, dass der geplante Papstbesuch in Deutschland im kommenden Jahr könne diese Situation möglicherweise verbessern könnte. "Es schmerzt, wenn man sieht, dass viele Menschen Rom und den Papst nicht mehr verstehen", wurde er weiter zitiert. Das ist wohl ein Problem von missverstandener Kommunikation, wie der Vatikan gerne betont.

Das sieht Gemminger etwas anders und äußert deshalb auch eine deutliche Kritik am Vorgehen des Vatikans: "Hier handelt es sich nicht nur um ein Kommunikationsproblem. Es gibt auch ein Organisationsproblem. Entscheidungen dürfen nicht an den Zuständigen im Vatikan vorbei getroffen werden. Es muss besser informiert und gemeinsam entschieden werden. Aber im Vatikan wird sich bei der Kommunikation nur sehr langsam und sehr wenig ändern. Ich warne vor zu hohen Erwartungen. In Rom schüttelt man über die Aufregung in Deutschland den Kopf", sagte der Pater.

Mitte der Woche hatte der Vatikan auf die immer heftigere Kritik im Fall Richard Williamson reagiert und den Holocaust-Leugner zu einer "unmissverständlichen Distanzierung" aufgefordert. Williamson könne erst wieder voll in die Kirche aufgenommen werden, wenn er von seinen Positionen zum Völkermord an den Juden abrücke, heißt es aus dem Vatikan. Außerdem müsse sich die ultrakonservative Pius-Bruderschaft zu den Lehren des Zweiten Vatikanischen Konzils und aller seither gewählten Päpste bekennen.

Diese wollen allerdings nicht auf die katholische Kirche zugehen, so der Päpstliche Ehrenkaplan und Fernsehpfarrer Stephan Wahl. Der Papst sei "einseitig" auf die Pius-Bruderschaft zugegangen, nun sei es an den Bruderschaft, einen Schritt auf die Kirche zuzugehen, sagte Wahl am Sonnabend in Trier. Dies würde ein Abrücken von deren bisherigen Positionen - etwa der Ablehnung des Zweiten Vatikanischen Konzils - bedeuten. "Ich habe erhebliche Zweifel, dass das kommt", sagte der Kommunikationsdirektor des Bistums Trier.

Der Vatikan betonte unterdessen, Benedikt XVI. habe von den Ansichten Williamsons nichts gewusst, als er der Aufhebung von dessen Exkommunikation sowie der von drei anderen Bischöfen der Pius-Bruderschaft zugestimmt habe, hieß es.