Die Aktivisten der Occupy-Bewegung in Frankfurt am Main erwägen, das Camp vor der Europäischen Zentralbank am 15. August zu räumen.

Frankfurt/Main. Die bunten Zelte des Occupy-Camps vor der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main, nach viertägiger Zwangsräumung am Sonntag gerade erst wieder bezogen, könnten im Sommer für immer verschwunden sein. "Unsere Kritik an einem von Banken bestimmten Gesellschaftssystem haben wir in der öffentlichen Diskussion verankert“, sagt am Montag Jan Umsonst, derzeit Anmelder des Camps beim städtischen Ordnungsamt. "Unsere Präsenz vor der EZB ist dann vielleicht nicht mehr nötig, aber darüber entscheidet die Bewegung“, erklärt der 38-Jährige.

Am Montag standen wieder Gespräche zwischen dem Ordnungsamt unter der Leitung des für Sicherheit zuständigen Stadtrats Markus Frank (CDU) und einer dreiköpfigen Delegation der Zeltstadtbewohner an. Die Stadt hatte von Mittwoch bis Sonntag während der "Blockupy“-Proteste jedem den Aufenthalt im Camp verboten und das Lager nach einer Sitzblockade polizeilich räumen lassen. Einen Tag nach der für sie erfolgreich verlaufenen und friedlichen Großdemonstration zum Bankenviertel vom Sonnabend bezogen rund 200 Aktivisten euphorisch, aber erschöpft wieder ihre Zelte.

+++ Mehr als 20.000 Teilnehmer bei "Blockupy"-Demonstration +++

Die von Stadt, Innenministerium und Polizei vor den Protesten verlautbarte "Gewaltprognose“ habe sich als unhaltbar erwiesen, sagen die Occupy-Aktivisten. Bei den weiteren Gesprächen mit dem Ordnungsamt "haben wir gute Karten“, frohlockt Jan Umsonst, "wir haben bei der Stadt was gut“. Von den zuletzt einwöchigen Verlängerungsfristen könnte man jetzt wieder zu einem zweiwöchigen Rhythmus zurückkehren. "Letztlich würden wir dieses Theater aber gern beenden“, sagt der Verhandlungspartner der Stadt seitens der Occupy-Aktivisten. "Wir wollen eine Genehmigung am Stück bis zum 15. August.“

Ordnungsamt sieht Auflagen noch nicht erfüllt

Beim Ordnungsamt ist das alles noch Zukunftsmusik. Franks Referentin Andrea Brandl sieht Auflagen noch der bisherigen Verlängerungen nicht erfüllt. "Die Probleme, die Occupy nicht abgearbeitet hat, sind unter anderem: der Müll, herumliegende Möbelteile, Paletten und immer wieder Seile zwischen den Baumkronen.“ Das summiere sich inzwischen, sagt Brandl. Das Ordnungsamt werde bei den Gesprächen Occupy mit einem weiteren Problem konfrontieren: die Begleichung der Räumungskosten vom Mittwoch. Polizisten waren bei dem Einsatz reihenweise mit Farbe beworfen worden.

Trotzdem sieht das bunte Volk der Kapitalismuskritiker die Stadt nach der Demo jetzt in einer "Bringschuld“. Camp-Bewohner Jörg Aufderheide kritisiert, Occupys Image sei in den vergangenen Wochen von Frank und seinem Dezernat beschädigt worden. "Das hat uns Sympathien in der Bevölkerung gekostet.“ Was sich beispielsweise am Spendenfluss bemerkbar gemacht habe. Und es sei jetzt an der Zeit, dass die Bewegung in Frankfurt ein Gebäude beziehen könne, sagt der 34-Jährige. "Es steht genug leer.“

Kein Bedauern bei den Bankern

Vor der Commerzbank-Zentrale, nur einen Steinwurf vom Camp entfernt, rauchen am Montagmittag Banker ihre Zigarillos. "Sie werden von mir nicht hören, dass ich den Auszug von Occupy bedaure“, sagt ein 39-Jähriger Volkswirt. "Von Wirtschaft versteht bei denen niemand etwas, und wenn sie noch so forsch auftreten.“ Der Finanzexperte hatte wie die meisten seiner Kollegen am Freitag frei. Während der "Blockupy“-Tage um Christi Himmelfahrt hatte die Commerzbank zwei Bürohäuser geschlossen und ihre über 3.000 Mitarbeiter in Frankfurt gebeten, den Schreibtischen fern zu bleiben.

2014 will die Europäische Zentralbank ihre neue Zentrale am Frankfurter Osthafen beziehen, die Doppeltürme ragen schon beachtlich in die Höhe. Jörgs Augen klettern am jetzigen EZB-Hochhaus neben dem Camp am Willy-Brandt-Platz in der Innenstadt in die Höhe. "40 Stockwerke brauchen wir aber wohl nicht“, sagt der Occupy-Aktivist zu seinen Wünschen für ein festes Haus der jetzigen Zeltbewohner.