Amnesty International wirft Assad-Regime schwere Verbrechen in Aleppo vor. Al-Assad: Kampf in Aleppo entscheidet über Schicksal des Landes.

Beirut. Nach zwei Wochen des Schweigens hat sich jetzt der syrische Präsident wieder zu Wort gemeldet. In einer schriftlichen Erklärung sagte Baschar al-Assad, der Kampf gegen die Rebellen entscheide über das Schicksal des Landes. In einer schriftlichen Erklärung pries er am Mittwoch die Kampfbereitschaft seiner Soldaten gegen die Aufständischen, die er als „kriminelle Terroristenbanden“ bezeichnete. „Das Schicksal unseres Volkes und unserer Nation – in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - hängt von dieser Schlacht ab“, erklärte Assad. Seit bei einem Anschlag in der Hauptstadt Damaskus führende Sicherheitskräfte getötet wurden, hatte Assad sich öffentlich nicht geäußert.

+++Syrische Truppen schießen auch auf Demonstranten+++

„Mein Vertrauen in Euch ist groß“, sagte Assad an die Adresse der Soldaten anlässlich des Tages der Armee. „Auch das Vertrauen unseres Volkes ist groß, dass ihr die Verteidiger seiner gerechten Sache seid.“ Die Soldaten seien die Anwälte der Werte des Volkes, sagte der Präsident. Assad-getreue Soldaten und Rebellen kämpfen erbittert um die Kontrolle über die Millionenstadt Aleppo im Norden des Landes. Auch in der Nacht zu Mittwoch konnten Journalisten laute Explosionen vernehmen. Mindestens zehn Artilleriesalven erleuchteten den Nachthimmel. Aleppo, das wirtschaftliche Zentrum Syriens, ist zum wichtigsten Schauplatz des seit 17 Monaten währenden Kampfes zwischen Assad und seinen Gegner geworden.

Nach Angben von syrischen Aktivisten, sind bei Kämpfen in einem christlichen Teil der Damaszener Altstadt am frühen Mittwochmorgen ein Mensch getötet worden. Demnach ereigneten sich die Gefechte zwischen Rebellen und Regierungskräften in Bab Tuma, einem vorwiegend christlich geprägten Teil im Osten des mittelalterlichen Stadtzentrums. Der Schusswechsel habe laut Anwohnern rund eine halbe Stunde gedauert, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

+++Kämpfe in Aleppo - Sechsjähriger bei Flucht erschossen+++

Bislang waren Gewaltausbrüche in den christlichen Teilen der Hauptstadt die Ausnahme, da diese sich größtenteils nicht an dem mittlerweile 17-monatigen Aufstand gegen Präsident Baschar Assad beteiligten. Vor zwei Wochen hatten die Rebellen in Damaskus den Kampf gegen das Regime forciert, wurden aber von Regierungstruppen zurückgeschlagen.

Amnesty International erhebt erneut schwere Vorwürfe gegen das Regime des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad. Syriens Regierung sei verantwortlich für schwere Menschenrechtsverletzungen beim Kampf um die Hafenstadt Aleppo und die umliegenden Gebiete, heißt es in einem Bericht der Organisation, der am Mittwoch in London veröffentlicht wurde. In Syriens größter Stadt liefern sich Regierungstruppen und die Opposition seit Tagen schwere Gefechte. Die syrische Armee setzt auch Kampfflugzeuge und Panzer ein, um den Aufstand niederzuschlagen.

„Der derzeitige brutale Angriff auf die Stadt Aleppo, der Zivilisten noch mehr gefährdet, ist eine vorhersehbare Entwicklung, die dem beunruhigenden Muster von Misshandlungen durch die staatlichen Kräfte im ganzen Land folgt“, erklärte Donatella Rovera von Amnesty International. Für den Bericht sammelte sie während mehrerer Wochen Informationen in Nordsyrien. Amnesty forderte erneut die internationale Gemeinschaft auf, die Verantwortlichen für die Menschenrechtsverletzungen in Syrien vor ein internationales Gericht zu stellen.

Aleppo, Syriens Wirtschaftsmetropole, war bis Mai relativ ruhig - anders als andere Landesteile, in denen die Opposition seit über 16 Monaten im Aufstand gegen das Regime ist. Nach UN-Angaben flohen bislang rund 18.000 Menschen vor den Kämpfen aus der Stadt.

Amnesty zufolge haben Sicherheitskräfte der Regierung und regierungsnahe Milizen regelmäßig mit scharfer Munition auf friedliche Protestzüge geschossen. Dabei töteten sie Demonstranten und Passanten, darunter auch Kinder. Im Juni sorgte die grausame Tötung und Verstümmelung von drei jungen Sanitätern, die verwundete Demonstranten behandelt hatten, für Entsetzen in der Stadt. Aktivisten berichteten Amnesty, sie fürchteten, zu Tode gefoltert oder exekutiert zu werden, wenn man sie gefangen nehme.