Bei Gesprächen in Istanbul soll erneut eine friedliche Lösung gesucht werden. Ein erneutes Scheitern könnte die Weichen Richtung Krieg stellen.

Istanbul/Teheran. Vor der Wiederaufnahme der Gespräche über das umstrittene iranische Atomprogramm am Sonnabend in Istanbul gibt es wenig Anzeichen für einen Durchbruch. Ein erneutes Scheitern der Verhandlungen zwischen der 5+1-Gruppe – den Uno-Vetomächten China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA sowie Deutschland – und dem Iran könnte aber gravierende Konsequenzen haben, bis hin zu einem militärischen Konflikt. "Istanbul ist in der Tat die letzte Chance für Diplomatie, denn der Westen wird sich nach fast zehn Jahren nicht mehr auf weitere nutzlose Verhandlungen einlassen“, sagte ein ausländischer Diplomat in Teheran.

Der Iran will eine internationale Anerkennung eines zivilen Atomprogramms und eine Aufhebung der Sanktionen erreichen, was der Westen bisher abgelehnt hat. Hauptforderung der Weltmächte war die Einstellung der Urananreicherung im Iran, zumindest bis alle Zweifel mit Blick auf ein befürchtetes geheimes Waffenprogramm zum Bau einer Atombombe ausgeräumt und eine friedliche Nutzung der Atomanlagen bewiesen ist.

Im Iran ist die Atompolitik eine "Staatsangelegenheit“, in der laut Verfassung der oberste Führer, Ajatollah Ali Chamenei, das letzte Wort hat. Chamenei hat jeglichen Kompromiss im Atomstreit ausgeschlossen und gesagt, dass sein Land den Atomwaffensperrvertrag unterschrieben hat und als Mitglied der internationalen Atomenergiebehörde IAEA ein Recht auf ein ziviles Atomprogramm habe. Und warum dürfe – so Chamenei – Israel illegal Atombomben haben, der Iran aber nicht mal ein friedliches Nuklearprogramm.

+++ USA verschärfen Öl-Sanktionen gegen den Iran drastisch +++

In dem Streit scheinen die Fronten festgefahren. Laut einem Bericht der "New York Times“ sollen nun aber die USA und die drei anderen westlichen Länder eine Reihe von Forderungen gestellt haben. Demnach soll die Führung in Teheran sofort die unterirdische und lange geheim gehaltene Atomanlage in Fordo schließen und die eigene Anreicherung von Uran auf 20 Prozent stoppen.

"Das sind doch irrationale Vorstellungen“, sagte der iranische Atomchef Ferejdun Abbasi. Präsident Mahmud Ahmadinedschad setzte noch eins drauf: "Auch falls die ganze Welt sich gegen uns stellen sollte, setzen wir trotzdem den Atomkurs fort, und keiner kann uns dabei stoppen.“

Trotz der harten Rhetorik will auch der Iran eine Lösung, damit das Land nicht weiter isoliert, geschweige denn militärisch angegriffen wird. Bei der geforderten Schließung der gerade fertiggestellten Fordo-Urananreicherungsanlage südlich der Hauptstadt Teheran wird kein Spielraum signalisiert. Anders ist es im Streit um die Urananreicherung auf 20 Prozent. Ahmadinedschad und Abbasi haben mehrmals erwähnt, dass es sich ökonomisch für den Iran nicht lohne, selber Uran auf 20 Prozent anzureichern. Ein Tauschgeschäft wäre auch im Sinne des Irans.

Ein solcher Vorschlag lag allerdings schon 2009 auf dem Tisch, im folgenden Jahr sogar als offiziell mit Brasilien und der Türkei unterzeichnetes Vorhaben. Der Iran sollte 1,2 Tonnen seines niedrig angereicherten Urans in der Türkei zwischenlagern und im Gegenzug für den medizinischen Reaktor in Teheran Brennstäbe erhalten, die mit Hilfe Russlands und Frankreich hergestellt werden. Hochangereichertes Uran sollte der Iran der IAEA übergeben oder in der Türkei, die als Garantiestaat auftreten würde, einlagern. Das Geschäft kam nicht zustande. Eine Alternative scheint es aber nicht zu geben.

Istanbul wird zum Prüfstein. "Wir wollen in den Verhandlungen Ergebnisse erzielen und uns nicht nur anlächeln“, sagte Parlamentspräsident Ali Laridschani. Ist das schon ein Signal? Der iranische Abgeordnete Mohammed Karami fügte hinzu, falls die Weltmächte erneut mit Geheimdienstberichten über ein geheimes iranisches Waffenprogramm erscheinen sollten, sei "sogar der Start der Verhandlungen total sinnlos“.