Die Chancen für eine Krim-Kontaktgruppe scheinen arg gering. Aber die Hoffnung aufgeben will Merkel noch nicht. Parallel dazu laufen schon die Vorbereitungen für Sanktionen.

Berlin/Moskau. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hofft trotz aller gegenteiligen Signale aus Moskau immer noch auf die Bildung einer internationalen Krim-Kontaktgruppe. „Noch ist es nicht zu spät“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. „Es bleibt noch ein wenig Zeit.“ Andernfalls sei Deutschland aber auch bereit, Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gegen Moskau mitzutragen. Unklar blieb, wie lange mit solchen Strafmaßnahmen noch gewartet werden soll.

Deutschland dringt bereits seit mehr als einer Woche auf die Bildung einer Krim-Kontaktgruppe, in der Russland und die neue ukrainische Regierung direkt miteinander sprechen. Russlands Präsident Wladimir Putin blocke dies jedoch ab. Seibert gab zu, dass es von russischer Seite bislang nicht die „nötige Bereitschaft“ gebe. Deshalb sei Deutschland „gegebenenfalls auch bereit, zu handeln.“ Der Regierungssprecher sprach von einer „breiten Palette an Wirtschaftssanktionen“, die möglich wären.

Bereits am Sonntag soll auf der Krim ein Referendum stattfinden, in dem die Bevölkerung über die Loslösung von der Ukraine und die Angliederung an Russland entscheiden soll. Der Westen hält eine solche Abstimmung für völkerrechtswidrig. Nach Informationen von EU-Diplomaten in Brüssel könnten die EU-Außenminister dann am Montag weitere Sanktionen beschließen. Bislang hat die Europäische Union nur die Gespräche über Visa-Erleichterungen und ein Rahmenabkommen mit Russland ausgesetzt.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) deutete aber an, dass die EU noch diese Woche Sanktionen beschließen könnte. „Wenn es in den Gesprächen, die morgen oder übermorgen vielleicht noch anstehen, wenn es dann nicht zu entsprechender Bereitschaft kommt, sich auf der russischen Seite zu bewegen, dann wird man die nächste Stufe der Sanktionen erreichen müssen“, sagte Steinmeier am Sonntagabend im ZDF. Dies würde bedeuten, dass gegen einzelne Personen Reisebeschränkungen verhängt und deren Konten gesperrt werden.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sprach sich ebenfalls dafür aus, den Gesprächsfaden mit Russland trotz möglicher schärferer Sanktionen nicht abreißen zu lassen. „Das Wichtigste: Immer wieder die Gesprächsräume öffnen“, sagte von der Leyen im ARD-„Morgenmagazin“. Wenn das nicht funktioniere, gehe es um Sanktionen, die dann vor allem die Reichen und Oligarchen in Russland treffen. „Das sind diejenigen, auf die Putin hört und die Einfluss auf ihn haben.“

An diesem Donnerstag will Merkel im Bundestag eine Regierungserklärung zur Entwicklung in der Ukraine abgeben. Wegen der Krim-Krise hatte die Kanzlerin am Wochenende verschiedene Telefonate geführt, unter anderem mit Putin, US-Präsident Barack Obama und dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die Türkei erklärte sich dabei nach deutschen Angaben bereit, in einer Kontaktgruppe mitzumachen.

Wegen der Krim-Krise besucht Außenminister Frank-Walter Steinmeier nach Angaben des Auswärtigen Amts an diesem Dienstag die drei baltischen EU-Mitglieder Estland, Lettland und Litauen. Im Baltikum ist die Sorge groß, dass Russland nach seinem aggressiven Vorgehen in der Ukraine seine Einflusszone auf andere ehemalige Sowjetrepubliken ausdehnen will.

Janukowitsch will sich äußern

Gut zwei Wochen nach seiner Absetzung durch das Parlament will sich der frühere ukrainische Staatspräsident Viktor Janukowitsch erneut an die Öffentlichkeit wenden. Janukowitsch werde am Dienstag in der südrussischen Stadt Rostow am Don eine Erklärung abgeben, berichteten russische Nachrichtenagenturen am Montag unter Berufung auf Vertraute des früheren Staatschefs.

Janukowitsch war am 22. Februar nach monatelangen Massenprotesten und einer Gewalteskalation auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew vom Parlament für entmachtet erklärt worden. Er war daraufhin nach Russland geflüchtet. Schon am 28. Februar hatte Janukowitsch in Rostow am Don eine Pressekonferenz gegeben. Dabei hatte er seinen Anspruch auf das Präsidentenamt bekräftigt und der Übergangsregierung in Kiew die Legitimität abgesprochen.

Seit dem Umsturz in Kiew hat sich die Ukraine-Krise weiter zugespitzt. Auf der autonomen Halbinsel Krim haben prorussische Milizen die Kontrolle übernommen. Die neu installierte Regionalregierung der Krim hat für Sonntag ein Referendum angesetzt, in dem die Bevölkerung über einen Beitritt der Ukraine zu Russland abstimmen soll. Moskau steht wegen der Krise international massiv in der Kritik.