Ausgemergelt und verzweifelt sind die Männer und Frauen, die im Tausch gegen iranische Geiseln aus syrischen Gefängnissen entlassen wurden.

Damaskus/Istanbul. Der erste große Gefangenenaustausch seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien ist noch nicht abgeschlossen. Ein Menschenrechtler in Damaskus sagte, die Behörden hätten die eigentlich für Donnerstag vorgesehene Freilassung der restlichen Gefangenen wegen eines Schneesturms auf Samstag verschoben. Am Mittwoch seien lediglich rund 1000 der insgesamt 2135 Gefangenen freigekommen, die von den Rebellen gegen 48 iranische Geiseln ausgetauscht werden sollten. Die Iraner wurden inzwischen am Flughafen in Teheran von Angehörigen und Regierungsvertretern begrüßt.

Die Truppen von Präsident Baschar al-Assad feuern derweil weiter mit schweren Waffen auf ihre Gegner. Ein Nato-Beamter sagte am Donnerstag in Brüssel, eine ungelenkte Kurzstreckenrakete sei am Mittwoch innerhalb Syriens abgefeuert worden und im Norden des Landes eingeschlagen. In den vergangenen vier Wochen seien bereits dreimal ähnliche Abschüsse von Raketen registriert worden. „Der Einsatz solcher ungelenkten Waffen zeugt von völliger Missachtung des Lebens syrischer Bürger. Das ist rücksichtlos und wir verurteilen das“, sagte der Nato-Beamte.

Am Donnerstag sollen in Syrien 14 Menschen getötet worden sein. Durch das kalte Wetter in der Region wächst auch das Leid der insgesamt mehr als drei Millionen syrischen Flüchtlinge und Vertriebenen, die zum Teil in Zeltlagern hausen.

Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) beklagte die dramatischen Zustände in dem überschwemmten syrischen Flüchtlingslager Al-Saatari in Jordanien. Nach starkem Regen, Schneefall und Temperaturen unter dem Gefrierpunkt habe sich die Situation der Kinder in dem Lager sehr verschlechtert, erklärte Unicef am Donnerstag in der jordanischen Hauptstadt Amman.

Die islamisch-türkische Hilfsorganisation, die and der Abwicklung des Gefangenenaustauschs beteiligt war, berichtete im Gegensatz zu Menschenrechtlern in Syrien, die Gefangenen seien bereits alle aus der Haft entlassen worden. „Alle Gefangenen, die auf der Liste standen, sind am Mittwoch freigelassen worden und zu ihren Familien zurückgekehrt, das haben wir überprüft“, sagte der Vize-Präsident der IHH, Hüseyin Oruc, der Nachrichtenagentur dpa in Istanbul. Vier Türken, die von den syrischen Behörden festgehalten worden waren, sollten noch im Laufe des Tages in Damaskus eintreffen. Von dort aus sollen sie via Libanon in ihre Heimat reisen.

Viele Syrer zeigten sich empört darüber, dass die Regierung mit den Rebellen nicht über die Freilassung syrischer Geiseln verhandelt hatte, sondern über das Schicksal der gefangenen Iraner. „Wir sind froh, dass unsere Söhne freigelassen wurden, aber diese Aktion hat ja wohl ganz deutlich gezeigt, dass es der Iran ist, der unser Land regiert“, sagte der Angehörige eines der freigelassenen Regimegegner.